Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Meister, vielen Dank. - Herr Minister Schulze, jetzt bitte.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie richtig gesagt wurde, vertrete ich den Minister Richter und möchte nun seine Rede verlesen.

Liebe Mitglieder des Landtags! Der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine sowie die von der westlichen Wertegemeinschaft bereits ergriffenen und ggf. weiter anzupassenden Sanktionen haben enorme Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft und die Situation der Unternehmen in unserem Land. Gestörte Lieferketten sowie ein exponentieller Preisanstieg bei Energieträgern stellen die Wirtschaft vor große Herausforderungen. Das betrifft insbesondere Unternehmen mit einem hohen energetischen sowie stofflichen Verbrauch von Energieträgern, bspw. in der chemischen Industrie oder der Metallerzeugung, aber auch die innerhalb der Wertschöpfungsketten mit ihnen verbundenen Unternehmen.

In ähnlicher Weise sind bspw. einzelne Unternehmen und Handwerksbetriebe nach den pandemiebedingten Einschränkungen der vergangenen zwei Jahre nun mit neuen und zusätzlichen gravierenden Anforderungen konfrontiert. Die Landesregierung erreichen nahezu täglich Anrufe, persönliche Anfragen sowie Briefe von Bürgerinnen und Bürgern, von der Wohnungswirtschaft, von Gesundheitseinrichtungen, von sozialen Einrichtungen, von Verkehrsunternehmen und nicht zuletzt auch von Kommunen. In allen Gesprächen kommen die individuellen Auswirkungen der Krise, der Bedarf an Klarheit durch konkrete Aussagen und Maßnahmen sowie die Bitte um Gewährleistung von Versorgungssicherheit und Finanzierbarkeit zum Ausdruck. Wir benötigen daher dringend ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Bewältigung der Krise. Dazu gehören kurzfristig die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und Preisregulierung bei Strom und Gas.

Eine Beruhigung der Energiemärkte werden wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur erreichen können, wenn wir alle Energieträger, die uns zur Verfügung stehen, auch effektiv nutzen. Wir benötigen darüber hinaus eine energiepolitische Strategie.

Liebe Kolleginnen und Kollegen des Landtages! Die Bundesregierung hat in ihrem Eckpunktepapier zum sogenannten wirtschaftlichen Abwehrschirm gegen die Folgen des russischen Angriffskriegs vom 29. September Maßnahmen in einem Umfang von 200 Milliarden € angekündigt, um die steigenden Energiekosten und die schwersten Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen abzufedern. Im Interesse Deutschlands sind kurzfristige und schlüssige Entscheidungen der Bundesregierung gefragt.

Im Hinblick auf den jetzt zu beratenden Antrag möchte Ihr Augenmerk auf folgende Aussage des Eckpunktepapiers lenken   ich zitiere  :

„Die hier beschriebenen Maßnahmen des Bundes helfen auch Ländern und Gemeinden. Auch Schulen, Sportvereine und kommunale Unternehmen wie Krankhäuser und Kultureinrichtungen profitieren vom Abwehrschirm. Hierdurch sinken potenzielle Belastungen bei Ländern und Kommunen, die andernfalls diese Unternehmen und Einrichtungen stärker unterstützen müssten.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung erkennt selbstverständlich die große eigene Verantwortung für die Gesellschaft und die Wirtschaft des Landes und hat parallel zu den Verhandlungen mit dem Bund bereits diverse interne Maßnahmen eingeleitet. So hat die Investitionsbank bspw. Programme aufgelegt, die Unternehmen bei Liquiditätsengpässen aufgrund der Energiepreisentwicklung in Anspruch nehmen können. Hierzu zählen auch die Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften. Unsere Investitionsbank ist jederzeit handlungsfähig. Nach meiner Überzeugung ist es erst dann an der Zeit, den Bedarf für ein eigenes Landesentlastungspaket zu prüfen, wenn die Bundesregierung den angekündigten Abwehrschirm genau ausdefiniert hat.

Fazit ist: Wenn das Land, wie von der antragstellenden Fraktion gefordert, jetzt mit einem eigenen Rettungsschirm in Vorleistung ginge, dann würde es Geld verteilen, ohne zu wissen, welche Bereiche von Bundesmaßnahmen abgedeckt sein werden und welche nicht und wo möglicherweise noch Bedarf bestehen wird. Erst wenn das geklärt ist, können ggf. weitere konkrete Unterstützungsbedarfe für Sachsen-Anhalt eruiert werden.

Aus den zuvor genannten Gründen unterstützt das Ministerium der Finanzen den Antrag nicht. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Minister Schulze. Herr Gallert hat eine Frage. - Herr Gallert, bitte.


Wulf Gallert (DIE LINKE):

Herr Schulze, ich weiß, dass Sie nicht der Finanzminister sind. Ich hoffe aber, dass das, was ich jetzt wissen will, intern kommuniziert worden ist.

Sie haben noch einmal auf den Zeitablauf hingewiesen und gesagt, wir können erst dann planen, wenn wir wissen, was wir brauchen, und wenn wir wissen, was der Bund nicht tut. In der Situation befinden sich jetzt alle irgendwie. Insofern kann man die Ankündigung von den GRÜNEN so sehen, dass es jetzt erst einmal einen Vorratsbeschluss geben soll.

Uns hat stutzig macht   das ist, glaube ich, in dem Kontext wichtig  , dass der Ministerpräsident gestern gesagt hat, dass er eigentlich erst eine Einigung auf der Bundesebene erwartet, nachdem die Novembersteuerschätzung bei Lindner eingetroffen sein wird. Wenn das so ist, dann bedeutet das, dass wir vor Anfang Dezember nicht einmal wissen werden, was auf der Bundesebene wirklich passieren wird. Das bringt uns extrem in die Bredouille. Das weiß jeder, der hier sitzt. Sie wissen es auch.

Können Sie mir bestätigen, dass meine Interpretation der gestrigen Aussage des Ministerpräsidenten richtig sind, oder besitzen Sie andere Informationen, dass bestimmte Dinge möglicherweise jetzt schneller passieren, als dieser Zeitablauf, den er gestern angedeutet hat, nahelegt?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Minister Schulze, bitte.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Jetzt antworte ich als Wirtschaftsminister, weil ich gerade für die Landesregierung spreche. - Das, was der Ministerpräsident gestern gesagt hat, ist auch mein Kenntnisstand. Das ist auch das, was mich mit Sorge umtreibt. Ich habe in der vergangenen Woche am Freitag ein Gespräch in Berlin mit einem hohen Vertreter des Wirtschaftsministeriums gehabt, in dem ich genau auf dieses Thema noch einmal hingewiesen habe und darauf, dass wir jetzt schneller Klarheit aus Berlin brauchen, was man mit diesem Rettungspaket vorhat.

Es ist sicherlich, glaube ich zumindest, zu begrüßen, dass die Bundesregierung dieses Rettungspaket auf den Weg bringt. Ich werde in meinen nächsten Reden zu den anschließenden Tagesordnungspunkten dazu auch noch ein paar Sätze verlieren. Es muss jetzt Klarheit darüber herrschen, was wirklich darin stehen wird. Über den Zeitplan können wahrscheinlich nur die Kollegen aus Berlin konkretere Aussagen treffen. Ich gehöre dieser Ebene nicht an und kann deswegen auch nicht genau sagen, was Herr Lindner oder andere, die dort Verantwortung tragen, jetzt zeitlich genau vorhaben. Ich hoffe nur, dass es schnell geht. Ich glaube, das geht uns allen so.