Guido Kosmehl (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht immer einfach, wenn man zum Schluss oder als vorletzter Redner in einer Debatte zu Wort kommt. Es kribbelt einerseits schon die ganze Zeit, sich einzubringen. Andererseits kann man auf Dinge zusätzlich neu reagieren. Ich will versuchen, einen Spagat daraus zu machen.

Liebe Freunde von der CDU-Fraktion, ich bin ausdrücklich dankbar dafür, dass wir die Gelegenheit haben, über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Landtag zu diskutieren. Ich will darauf hinweisen und daran erinnern, dass wir gemeinsam als CDU und FDP einen bemerkenswerten Entschließungsantrag zu einem Rundfunkänderungsstaatsvertrag, nämlich zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, in der Drs. 4/2049 im Jahr 2005 gemeinsam auf den Weg gebracht haben und darin erstmalig unsere Erwartungen an die Weiterentwicklungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk formuliert haben.

Nun ist die FDP im Jahr 2006 aus der Landesregierung ausgeschieden, die CDU bis heute nicht. Ich stelle fest, dass viele der Punkte, die in dem Entschließungsantrag stehen, immer noch nicht umgesetzt worden sind.

Spitzenvertreter der CDU sind auch in den Gremien vertreten. Insofern versuche ich immer, die Einlassung des von mir sehr geschätzten Staatsministers Robra ein bisschen ohne ZDF-Filter zu betrachten. Was bleibt denn am Ende an Reformvorschlägen und an Umsetzungen auch aus den Gremien übrig? Sie sind Gremienmitglied. Ich war lange Gremienmitglied, bin jetzt wieder Gremienmitglied im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Was machen eigentlich Gremienmitglieder, um die Ausbreitung der Umsetzung des Programmauftrages zu begrenzen?

Dazu fällt mir beim ZDF, weil mich das damals wirklich geärgert hat, immer spontan ein, dass das ZDF Kooperation mit der ARD aus der Übertragung der DFB-Pokalspiele ausgestiegen ist, um danach die Rechte für die Übertragung der Spiele der Champions League für viele Jahre zu kaufen und damit den privaten Anbieter zu verdrängen. Dann wurde es auch dem ZDF irgendwann zu teuer - Sportrechte sind teuer und sie werden auch immer teurer - und man ist zurückkehrt zu den Spielen des DFB-Pokals. Es macht auch Sinn, dass dieses Format, in dem der Vereinsfußball, der Amateurfußball und die unteren Ligen in den Fokus treten, transportiert wird.

Ich sage es ganz deutlich - das ist ein riesengroßer Vorteil des Vorschlages für den Dritten Medienrechtsänderungsstaatsvertrag  : Die Stärkung der Gremien ist lange überfällig. Aber - das sage ich ausdrücklich - die Gremien müssen diese Verantwortung auch wahrnehmen. Das haben sie beim RBB nicht gemacht.

(Tobias Rausch, AfD: Richtig!)

Wenn die Gremien ihre Verantwortung und ihre Möglichkeiten nicht wahrnehmen, werden wir nach wie vor auch Dinge aufdecken müssen, die nicht so gut gelaufen sind.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Ich möchte an der Stelle sehr deutlich in Richtung des Kollegen Hövelmann Folgendes sagen: Ich fand Ihre Einlassungen sehr gut, auch den Hinweis darauf, dass wir, wenn wir Reformen anstoßen wollen, konkretere Vorschläge machen müssen und uns frühzeitig in die Diskussion einbringen müssen. Ich will sagen, aus meiner Sicht gehört der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag auf den Prüfstand, nämlich in Bezug darauf, dass wir ab dem kommenden Jahr anstatt 1,7 % eine Finanzmasse von 1,8 % an die kleineren Anstalten verteilen, also an den Saarländischen Rundfunk und an Radio Bremen.

Wenn wir denen immer nachgeben, wenn wir die Finanzmasse immer erhöhen   im Übrigen auch zulasten des Mitteldeutschen Rundfunks  , dann werden die pro forma überleben können, obwohl sie aus eigenen Mitteln, aus eigener Kraft, nämlich gerade nicht überlebensfähig sind.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Sie können im Übrigen auch ihrer Zulieferungsverpflichtung nicht immer zu 100 % nachkommen.

Ich sage zum Kollegen Kurze: Man kann die Diskussion   lieber Herr Kurze   natürlich auch mit pauschalen Beträgen führen und befeuern; also mit 20 000 € für eine Minute im „Tatort“. Aber an dieser Stelle gibt man dann eigentlich nur zu, dass man die föderale Struktur der Landesrundfunkanstalten nicht verstanden hat.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn der „Tatort“ des Mitteldeutschen Rundfunks   das kann ich Ihnen ziemlich genau sagen   ist um ein Vielfaches günstiger als der „Tatort“ des NDR mit Til Schweiger; weil wir im MDR nämlich seit vielen Jahren gesagt haben   der Kollege Gebhardt war mit mir damals im Rundfunkrat zugange, als wir geschaut haben, an welchen Stellen wir die Möglichkeit haben, den Wirtschaftsplan auszugleichen  , wir gehen von 23 auf 22 Drehtage zurück; wir versuchen, Produktionen zu straffen; wir überlegen sehr genau, welche Produktionen wir wie machen können, um die Produktion trotzdem qualitativ zu machen, aber auch um Kosten zu sparen. Aber das ist eben nur die Möglichkeit, im programmlichen Bereich einzusparen. An dieser Stelle, muss ich ganz ehrlich sagen, der MDR hat über viele Jahre seine Hausaufgaben gemacht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage deutlich, ich halte von dem Vorschlag der Linksfraktion für einen Ostsender nichts. Ich habe im ersten Moment gedacht: Das ist vielleicht der späte Versuch, Westberlin quasi als eine Ostzone nun in die Zone zurückzuholen.

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht - Dr. Falko Grube, SPD: Die kriegen einen eigenen!)

Lieber Kollege Gebhardt, uns verbindet viel mit den Kollegen in der Sächsischen Schweiz, am Rennsteig, auch in Suhl und in der Altmark. Aber ich glaube, es wird Schwierigkeiten geben, die Menschen hinter dem Rennsteig mit denen auf Usedom zu einer regionalen Verbundenheit zusammenzuführen.

Was ist denn das Ziel? Soll dann in Berlin, wie jetzt auch, die alte SFB-Zentrale die Gesamtzentrale werden; soll also alles wieder in Berlin zentriert werden. Oder wie organisieren wir das? Das ist einfach zu groß. Ich glaube auch, es sind nicht genügend Gemeinsamkeiten vorhanden   die wir im Übrigen in den 30 Jahren des Mitteldeutschen Rundfunks tatsächlich gefunden haben.

Wir haben noch Unterschiede zwischen Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Wir streiten uns ja auch immer mal wieder; ob es genügend Produktionen in dem einen Land oder dem anderen Land gibt. Aber wir haben doch eine gemeinsame Identität und eine gemeinsame Verbundenheit zum Mitteldeutschen Rundfunk entwickelt.

Der Mitteldeutsche Rundfunk sagt von sich selbst   das sei mir als Werbeblock gestattet  , dass er die Stimme des Ostens ist. Ich glaube, wir benötigen jetzt keinen angeschlagenen RBB zusätzlich und die Auseinandersetzung mit dem NDR, um eine bessere Vermittlung des Gefühls der Situation der Menschen im Osten, aber auch der Erfolge und des Selbstverständnisses des Ostens in das Programm der ARD zu bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit zwei Bemerkungen zum Schluss kommen. Ich glaube, rechtliche Auseinandersetzungen mit Herrn Tillschneider sind immer sehr schwierig, weil er sie nicht versteht. Wenn Sie sich einmal Artikel 5 anschauen   jetzt ist er gar nicht anwesend. Darin ist nicht nur von der Pressefreiheit die Rede, sondern auch davon, dass die Freiheit der Berichterstattung durch den Rundfunk gewährleistet wird. Deshalb haben wir einen Auftrag für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und der ist unabhängig.

Ich darf mich bei Ihnen mit einem Zitat von Robert Lemke verabschieden. Was Sie vielleicht an die Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks    

(Zuruf von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)

- Genau. - Robert Lemke hat einmal gesagt:

(Eva von Angern, DIE LINKE: Welches Schweinderl hätten Sie denn gern?)

„Es gibt in allen Funkhäusern Leute, die nichts zu tun haben, aber das richtig gehetzt.“ In dem Sinne sage ich, wir können das Potenzial im öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgreifen, daraus etwas machen und am Ende einen guten öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Kosmehl, nicht ganz so schnell. Denn es gibt die nicht unerwartete Frage des Herrn Gebhardt. Möchten Sie die beantworten? - Dann bitte, Herr Gebhardt.

(Zuruf von Marco Tullner, CDU)


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Herr Kosmehl, eine kurze Vorbemerkung: Was ich wirklich an ihnen schätze, ist, dass Sie Vorschläge, die gemacht werden, nicht einfach abbügeln, sondern sich damit tatsächlich auseinandersetzen. Insofern möchte ich gerne das Angebot aufgreifen, mit Ihnen weiter über eine Struktur beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu streiten, dabei zu schauen, welche Lösungsansätze man diesbezüglich finden kann.

Ich habe eine Frage zu dem Boni-System beim RBB. Zu dem Schreiben, was den Intendantinnen und Intendanten im Jahr 2018 zugestellt wurde, veröffentlicht die „Tagesschau“ folgendes Zitat:

„In dem Schreiben heißt es, mit diesem ´im öffentlich-rechtlichen Rundfunk einmaligen System`, werde der RBB sich ´im außertariflichen Bereich […] den Entlohnungsgrundsätzen der freien Wirtschaft` annähern.“

An dieser Stelle frage ich Sie ausdrücklich als Abgeordneten der FDP: Finden Sie, dass ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Deutschland sich diesen Grundsätzen der freien Wirtschaft annähern sollte, oder finden Sie, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk grundsätzlich einen anderen Auftrag als private Medienanbieter hat.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Guido Kosmehl (FDP):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Werter Kollege Gebhardt, das ist eine sehr spannende Frage, die ich dreigeteilt beantworten werde. Erstens. Nein, der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll nicht so agieren und sich aufstellen, als wäre er ein privates Unternehmen.

Zweitens. Das Bundesverfassungsgericht sagt allerdings gerade bei der Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks   das wurde damals, glaube ich explizit mit Blick auf die Sportrechte gesagt  , dass der öffentlich-rechtlich Rundfunk in die Lage versetzt werden muss, im Wettbewerb mit den Privaten mitzuhalten. Sie müssen sich schon dem Wettbewerb stellen und deshalb natürlich auch am Wettbewerb teilnehmen.

Drittens. An dieser Stelle sage ich Ihnen ganz klar: Ich als Vertreter der Freien Demokraten werde niemals eine Diskussion darüber führen und sagen, ich lege das Gehalt XY so fest, weil ich das für gerecht halte. Das muss sich immer daran orientieren, welche Verantwortlichkeit jemand hat, welche Leistung jemand erbringt und welche Qualifikation dahintersteckt.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es unterschiedliche Gehaltsgrößen bei den Intendanten geben kann, weil es große, mittelgroße und kleine Anstalten gibt. Aber die sollten sich eher daran orientieren, wie hoch Spitzengehälter im öffentlichen Dienst sind.

Ich würde mich aber damit schwertun, festzulegen: Ein Gehalt kann nur so hoch sein wie das des geschätzten Ministerpräsidenten. Dann diskutieren wir beim MDR noch darüber, den sächsischen Ministerpräsidenten, den Thüringer Ministerpräsidenten oder den von Sachsen-Anhalt. Dort gibt es nämlich kleine, aber feine Unterschiede, weil es eben unterschiedliche Länder sind, die das unterschiedlich regeln. Insofern stehe ich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Wettbewerb.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Wunderbar! Wunderbar!)