Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir führen heute eine Debatte zu einem Thema, das sehr weite Teile der Bevölkerung umtreibt. Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist erschüttert. Der Verlust an Vertrauen ist dabei nur im Ansatz mit den jüngsten Vorgängen beim RBB und inzwischen auch in anderen Anstalten zu erklären. Er hat schon sehr viel früher begonnen.

Die Anstalten verdrängen seit Langem, dass zu einem zeitgemäßen Agieren vor allem Transparenz gehört.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Schon vor Jahren habe ich von gläsernen Anstalten gesprochen. Transparenz ist eine elementare Voraussetzung für Akzeptanz, ohne die es ein beitragsfinanzierter Rundfunk künftig sehr schwer haben wird.

Wem öffentliches Geld anvertraut wird, der muss Rechenschaft darüber abgeben, wie er damit umgeht. Vorgetäuschte Offenheit bei gleichzeitigen verdeckten Sonderleistungen, Bonuszahlungen und anderen Aktivitäten, die das Licht der Öffentlichkeit scheuen, empören die Menschen. Seit vielen Jahren setzt sich die Landesregierung deshalb für echte strukturelle Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.

Das Ziel all unserer Bemühungen ist es, die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Land zu sichern; denn als demokratische Gemeinschaft brauchen wir Angebote, die umfassend informieren und frei und unabhängig entstehen. Das hat das Bundesverfassungsgericht schon mehrfach auf den Punkt gebracht.

Die jüngsten Vorgänge haben das Vertrauen vieler Beitragszahlerinnen und Beitragszahler tief erschüttert. Die Anstalten sind in keiner guten Verfassung, um ihre wichtige Aufgabe erfüllen zu können. Viele Menschen sind in ihrer Erwartung enttäuscht worden, dass sie mit ihren Beiträgen so wirtschaftlich und sparsam wie möglich publizistische Vielfalt sichern.

Stattdessen lesen die Menschen, dass zu viel Geld in Bereiche abfließt, die mit dem eigentlichen Programm nichts zu tun haben. Sie nehmen Defizite bei der Verwendung und bei der Kontrolle der Beitragsmittel wahr. Sie sehen auch schon seit längerer Zeit, dass sich ein Teil der Anstalten missionarisch als politisch gestaltender Faktor der öffentlichen Meinungsbildung versteht,

(Zustimmung bei der AfD und von Andreas Schumann, CDU)

obwohl er doch eigentlich ein neutrales Medium sein sollte. Was muss geschehen, um das Vertrauen zurückzugewinnen? Die Politik kann und muss die rechtlichen Grundlagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks immer wieder neu justieren, Schwachstellen finden und abstellen und Kontrollmechanismen überprüfen.

Die Politik - das sind in diesem Fall 16 Länder mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen. Ich gehöre zu denen, die schön länger und mit Nachdruck Reformbedarf anmahnen, Andere, gerade auch SPD-regierte Länder, sind deutlich zurückhaltender. Beim Medienänderungsstaatsvertrag, der Ihnen jetzt vorliegt, habe ich erfolgreich den Gesichtspunkt der Stärkung der Gremien eingebracht. Anderen war die Auftragsfokussierung und deren Flexibilisierung wichtig. Das Ergebnis ist ein Kompromiss, den man nicht blockieren sollte. Er ist in der Tat nicht der große Wurf, den es auch bei 16 beteiligten Ländern kaum jemals geben wird.

Aber wir haben damit eine belastbare Plattform, auf der wir weiter arbeiten können. Sie gibt den Gremien die gerade jetzt notwendige Legitimation und Stärke, um die inneren Reformen in den Anstalten voranzutreiben. Der frühere Bundesminister Baum - er ist Mitglied des Rundfunkrates des WDR - hat es in einem Papier als eine Revolution bezeichnet und gute Ideen eingebracht, wie die Gremien diesen Machtzuwachs nutzen sollten.

Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss aus Rechtsgründen abstrakt formuliert sein. Es liegt an den Rundfunkanstalten, ihn mit Leben zu erfüllen, vor allem beim Ersten und dem Zweiten, also bei den beiden Haupt- und Vollprogrammen, die mit Abstand am meisten kosten.

Die Rundfunkanstalten müssen Prioritäten setzten und ihre Strukturen in den Häusern zeitgemäß aufstellen, ohne ständig wachsende Budgets vorauszusetzen. Kein Staatsvertrag schreibt vor, wie viele Krimis und Quizshows produziert werden müssen, geschweige denn zu welchen Minutenkosten, und bis zu welchen Summen Sportrechte erworben werden sollen. Kein Staatsvertrag hat rund 1 800 Sendestunden pro Tag beauftragt. Kein Staatsvertrag verbietet administrative und programmliche Kooperation zwischen den Rundfunkanstalten der ARD oder nötigt die Anstalten, einen großen Verwaltungsapparat aufzubauen. Kein Staatsvertrag hat die Anstalten gezwungen, unangemessen hohe Honorare an Experten, Moderatoren oder Showgrößen zu zahlen und auch ansonsten

(Zustimmung bei der CDU)

die Einkommensgrenzen des öffentlichen Dienstes zu sprengen.

(Zustimmung bei der CDU)

Auch die Entscheidung über den schnellen und teuren Ausbau der Onlineangebote ist nicht mit Staatsverträgen getroffen worden. Im Gegenteil hat die Politik vorgegeben, dass presseähnliche Angebote nicht zum Auftrag gehören.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Und wie viel Personal beschäftigt sich in den Anstalten inzwischen mit nichts anderem?

Kein Staatsvertrag hat die Anstalten beauftragt, sich, wie es der 23. KEF-Bericht führt, an 172 Gesellschaften zu beteiligen und 43 Gemeinschaftseinrichtungen zu unterhalten, die sich weitgehend der Kontrolle durch die Gremien entziehen. Ich habe neulich einmal gesagt, der SWR und sein Rundfunkrat seien für die Degeto zuständig. Das war ein Irrtum, den ich bedauere. Die bedrückende Wahrheit ist, dass für die Degeto, die gemeinsame Filmeinkaufsorganisation der ARD, gar kein Rundfunkrat federführend ist. Dabei kann es nicht bleiben. Die Beteiligungen der Anstalten müssen deutlich reduziert und einer umfassenden Gremienkontrolle unterworfen werden.

Sie sehen, dass viele besonders finanzwirksame Entscheidungen außerhalb der politischen Vorgaben getroffen werden. Es ist wichtig, das zu wissen, weil es immer wieder heißt, dass die Politik bestellt und die Anstalten nur ausliefern. Die Wirklichkeit ist sehr viel komplexer. Auftrag und Aufwand stehen nicht rein akzessorisch im Verhältnis eins zu eins zueinander, sondern das Verhältnis ist komplexer.

(Zustimmung von Markus Kurze, CDU)

Die Anstalten und die Gremien haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie Beitragsmittel eingesetzt werden. Die Gremien können und sollen Richtlinien vorgeben, die inhaltliche Vielfalt fördern, aber auch die Interessen der Beitragszahlenden und einen wirtschaftlichen Mitteleinsatz berücksichtigen. Und die Intendantinnen und Intendanten können mit den Gremien finanzwirksame Selbstverpflichtungen abgeben, die von der KEF im Verfahren zu berücksichtigen sind.

Die Anstalten können also innerhalb des Systems erheblich sparen, ohne dass die Formulierung des Auftrags sie daran hinderte. Das ist gegenwärtig die größte Herausforderung.

In der Medienpolitik wird die Landesregierung als Teil der Ländergemeinschaft weiter engagiert ihren Beitrag leisten. Wir werden als Rundfunkkommission der Länder am 22. September zusammenkommen. Wir werden dort über die aktuelle Situation in der ARD sprechen. Ich strebe beispielsweise seit Langem eine Neufassung des ARD-Staatsvertrages an, damit sie sich mit einem regionalen Profil deutlicher vom ZDF unterscheidet.

Wir werden auch ansonsten über weitere Reformschritte beraten wie Obergrenzen für die Vergütung außertariflich Beschäftigter. Auch die Reform von Auftrag und Struktur ist natürlich mit dem Dritten Medienänderungsstaatsvertrag nicht abgeschlossen, sondern ein andauernder Auftrag.

Ich möchte keinen erstarrten, politisch kontrollierten Rundfunk, der Staatsfernsehen und politische Hofberichterstattung anbietet, sondern ich möchte einen lebendige, der Vielfalt der Meinungen und Angebote verpflichteten öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(Zustimmung bei der CDU)

Für diesen Rundfunk lohnt sich die harte Kärrnerarbeit der Medienpolitik. Für diesen lohnt es sich auch, die nächste Phase der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anzugehen.

Ich werde den Punkt Beitragsstabilität immer wieder einbringen, auch bei der ebenfalls anstehenden Reform des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages   Stichwort Automobile im Handwerk.

Die Politik allein wird das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in seine Repräsentanten und in seinen Umgang mit den Geldern der Menschen nicht herstellen können, weit überwiegend müssen das die Anstalten selbst tun. Sie haben das Potenzial. Sie können dies durch eigenes aktives Handeln schaffen.

Ich bin optimistisch, dass nun einiges in Bewegung kommen wird, dass sich der Umgang mit den Beitragsmitteln ändert, dass sich die Gremien noch stärker einbringen und dass nicht zuletzt bisher nicht aufgegriffene Reformüberlegungen mehrheitsfähig werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Robra, es gibt eine Frage von Herrn Daniel Rausch.   Bitte sehr.


Daniel Rausch (AfD):

Sehr geehrter Herr Robra, Sie haben jetzt viel über Transparenz und Reformen gesprochen. Als es um die Erhöhung der GEZ-Gebühren ging, wurde das Parlament nicht gefragt und Herr Ministerpräsident Haseloff hat dann einfach zugestimmt und unterschrieben.

(Frank Bommersbach, CDU: Das stimmt nicht!)

Wie fanden Sie dieses Vorgehen?


Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):

Das stimmt nicht. Wir haben in der Verfassung für alle Staatsverträge, gleich welcher Art, ein Verfahren geregelt, dass die Parlamente vor der Unterschrift des Ministerpräsidenten oder des jeweiligen Fachministers anzuhören sind. Es gibt noch keine Unterschrift unter dem Dritten Medienänderungsstaatsvertrag. Die Ministerpräsidenten haben ihn lediglich paraphiert. Es ist in beinahe allen Parlamenten so, dass jetzt die Anhörungen erfolgen, so auch hier.

Der Ministerpräsident wird die Meinungsbildung im Landtag natürlich ganz entscheidend einbeziehen. Das ist seine Aufgabe und so ist das Verfahren geregelt.