Kerstin Eisenreich (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit mehr als einem Jahr ächzen die Menschen unter Preisanstiegen vor allem bei Strom, Gas, Benzin und in der Folge bei Lebensmitteln. Menschen vor allem mit geringem Einkommen kommen kaum noch über die Runden.

Mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine steigen die Preise weiter massiv an. Aktuell liegt die Inflationsrate in Sachsen-Anhalt bei 8,6 %. Hinzu kommen für viele Menschen die verstörenden Aussichten auf Vorauszahlungen, und zwar aktuell insbesondere bei Gas. So flattern den ohnehin gebeutelten Menschen Bescheide ins Haus, die eine Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlungen von 267 € auf sage und schreibe 1 761 € fordern. Dies haben mir Einwohnerinnen meines Wahlkreises mitgeteilt.

1 761 € dürften für viele in Sachsen-Anhalt ein oder mehr Monatseinkommen bedeuten. Dazu kommen erhebliche Mehraufwendungen beim Strom und bei der Mobilität, und zwar zum einen durch den ersatzlosen Wegfall des 9-€-Tickets, aber auch durch im Sommer beschlossene Fahrpreiserhöhungen im Nahverkehr, die jetzt wirken, und auch durch den Wegfall der Mehrwertsteuersenkung. An dieser Stelle ist der Heizkostenzuschuss von 416 € schon längst verpufft, meine Damen und Herren.

Aber die Menschen müssen sich auch ernähren. Bei gleicher verfügbarer Summe werden die Lebensmittel im Warenkorb immer weniger. Sehr viele Menschen in Sachsen-Anhalt, die mit wenig Geld auskommen müssen, wie Familien, Alleinerziehende, Sozialleistungsempfänger*innen, Rentner*innen, Studierende, Menschen mit geringen Einkommen leiden bereits jetzt sehr, sehr stark und müssen enorme Einschränkungen in Kauf nehmen. Sie brauchen aus unserer Sicht im Übrigen keinerlei Sparaufrufe. Diesen Menschen schuldet die Bundesregierung ein Entlastungspaket, das diesen Namen tatsächlich verdient.

Eines möchte ich in der Debatte klarstellen: Die AfD hat gestern und heute in allen Debattenbeiträgen zu diesen Themen ganz klar ihren Charakter offengelegt.

(Ulrich Siegmund, AfD: Oh!)

Sie spielt Menschengruppen gegeneinander aus,

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Welche denn?   Ulrich Siegmund, AfD: Welche? - Weitere Zurufe von der AfD))

treibt bewusst den Spalt in die Gesellschaft und will, dass sich die Menschen immer weiter entsolidarisieren, und zwar allein mit dem Ziel, sich selbst zu profilieren.

(Zuruf von der AfD)

Die Interessen der Menschen interessieren Sie nicht wirklich.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE will, dass die Menschen in der Bundesrepublik ein menschenwürdiges Auskommen haben. Wir stehen für soziale Gerechtigkeit, wir wollen Solidarität und Umverteilung von oben nach unten. Das muss endlich möglich gemacht werden.

Deshalb hat meine Fraktion gestern einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt, den bezeichnet man jetzt als Überbietungswettbewerb. Ich glaube, die Diskussion ist gerade geführt worden.

Wir fordern eine Übergewinnsteuer   Verteilung von oben nach unten   anstatt einer Gasumlage. Wir fordern einen Gaspreisdeckel, der diesen Namen tatsächlich verdient. Wir fordern statt Einmalhilfen wiederkehrende Hilfen von 125 € pro Haushalt plus 50 € je weitere Person, und zwar eben nicht nur für Leistungsempfänger, Herr Minister, sondern wir fordern diese auch für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen. Denn alle Einmalzahlungen, die bisher ausgereicht wurden, hat die Inflation längst aufgefressen.

Wir fordern die Erhöhung von Sozialleistungen, wie Hartz IV, Grundsicherung, BaföG   diese Forderung steht schon lange im Raum, und zwar schon bevor die Inflation begann zu galoppieren   auf ein auskömmliches Niveau. Das sind eben nicht die angekündigten 500 €, sondern mindestens 650 €.

Für DIE LINKE gehören Strom und Wärme explizit zur Daseinsvorsorge. Der Grundverbrauch soll kostengünstig angelegt sein, während Mehrverbräuche verteuert werden.

Dies würde im Übrigen eine Lenkungswirkung entfalten.

Außerdem darf es nicht dazu kommen, dass den Menschen, die ihre Rechnungen gar nicht mehr bezahlen können, Strom und Heizung einfach abgestellt werden. Das muss   diese Forderung stellen wir auch schon seit Jahren   gesetzlich verboten werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mobilität garantiert Teilhabe am sozialen Leben. Deshalb sind wir der Auffassung, dass es eine Fortsetzung eines günstigen und leicht zu handhabenden ÖPNV-Tickets geben soll. Wir sehen die Erhöhung der Pendlerpauschale nicht wirklich als Entlastung für die Gesamtheit der Menschen, sondern wieder nur für Gutverdienende.

(Ulrich Siegmund, AfD: Sie wollen auch die Autos abschaffen!)

Denn steuerlich absetzen kann diese Kosten doch nur, wer so viele Steuern zahlt, dass die Kosten auch abgezogen werden können.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das ist zutiefst ungerecht.

(Guido Kosmehl, FDP: Den Sozialismus gibt es nicht mehr!)

Deshalb ist unsere Forderung ein Mobilitätsgeld für alle, mit dem auch Geringverdienende eben nicht mehr benachteiligt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Deutsche Institut für Wirtschaft, wahrlich kein Sozialismus-Think-Tank, hat das dritte Entlastungspaket auf seine Wirkungen hin untersucht. Und wieder ist klar geworden, dass Gutverdienende damit stärker entlastet werden als geringe Einkommen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Guido Kosmehl, FDP: Aber nicht prozentual!)

Das hat mit zielgenauen Entlastungen rein gar nichts zu tun, mal abgesehen davon, dass viele Vorschläge überhaupt erst im nächsten Jahr umgesetzt werden sollen.

Zu der Frage, ob man es prozentual betrachten kann oder nicht. Wenn ich absolut 300 € habe und eine Entlastung in Höhe von 5 €, bleiben 295 € übrig. Dann ist es Wurst, wie viele Prozent das sind. Und wenn ich 3 500 € und eine Entlastung von 500 €, dann habe ich immer noch 3 000 €.

(Guido Kosmehl, FDP: Wie wollen Sie das in absoluten Zahlen rechnen?)

- Sorry, aber diese prozentualen Rechnereien sind Quatsch!

Wir brauchen, sehr geehrten Damen und Herren, keine Kommissionen, die irgendetwas untersuchen und diskutieren. Die Menschen, aber eben auch die Bäcker, Friseure, also das Handwerk, kleine, mittlere sowie kommunale Unternehmen erwarten völlig zu Recht eine schnelle Unterstützung und Entlastung, damit sie eben nicht in die Knie gehen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Eisenreich, es gibt noch eine Frage.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das hat keinen Sinn!)

- Dann eine Zwischenintervention. - Bitte.


Oliver Kirchner (AfD):

Da Frau Eisenreich uns nun leider nicht aufklären konnte, wen sie mit den Menschengruppen gemeint hat, die wir hier benachteiligen sollten, weil es ihr niemand aufgeschrieben hat   ich kann das nachvollziehen  , muss ich eines noch sagen: Wir wissen schon, dass sie keine rechtsstaatliche Partei sind.

Wenn Sie abgelehnte Asylbewerber damit meinen sollten, dann sage ich Ihnen: Wir wollen Gesetze durchsetzen, Sie wollen sie umgehen. Abgelehnte Asylbewerber haben die Aufnahmegemeinschaft belogen und betrogen und sind deswegen abgelehnt worden. Sie haben deswegen das Land zu verlassen. Das ist eine rechtsstaatliche Aussage, die Sie nicht unterstützen wollen. Falls Sie das gemeint haben, können Sie sich jederzeit bei uns melden und kriegen den Nachhilfeunterricht, den sie brauchen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)