Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Okay. Danke. Damit ist das Thema beendet. - Wir fahren in der Befragung der Landesregierung fort und kommen zur nächsten Fragestellerin. Das ist die Fraktion der SPD. - Herr Dr. Schmidt, bitte schön.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Im Jahr 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die steuerliche Bewertung von Grundstücken für verfassungswidrig erklärt. Der Bundestag hat dieses Problem mit dem Grundsteuer-Reformgesetz 2019 geheilt, jedenfalls gesetzgeberisch. Nun gilt es, das umzusetzen. In diesen Tagen beginnt das Verfahren der Neubewertung von Grundstücken durch entsprechende Befragung der Grundstückeigentümer.

Ich frage die Landesregierung: Wie ist dieses Verfahren gestaltet? Was müssen die Bürgerinnen und Bürger, die Grundstücke besitzen, für Angaben zur Neubewertung bis zum 1. Oktober 2022 machen? - Vielen Dank.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Minister Richter, bitte.


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Meine Damen und Herren! In Anbetracht dessen, dass die Finanzämter seit der letzten Woche die Aufforderungsschreiben versenden, habe ich mir, da ich davon ausging, dass das heute durchaus Gegenstand der Fragestunde sein kann

(Zuruf von der SPD)

- ich komme gleich dazu  , das einmal mitgenommen, um heute das eine oder andere erläutern zu können und vielleicht dazu beizutragen, gewisse Unsicherheiten möglicherweise im Vorfeld zu klären.

Herr Schmidt, Sie haben es schon gesagt: Das Verfassungsgericht ist im Jahr 2018 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einheitswerte auf der Basis von 1935 und 1964 dazu führen, dass es bei gleichen Grundstücken zu unterschiedlichen Werten kommt, und hat deshalb die Verfassungswidrigkeit festgestellt. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber bis Ende 2019 tätig werden musste. Ansonsten hätten wir das Problem, dass wir heute schon einen verfassungswidrigen Zustand hätten. Deshalb ist die Aufforderung, hier entsprechende gesetzliche Voraussetzungen zu schaffen.

Sie wissen auch, dass es unterschiedliche Vorgehensweisen gibt. Es gibt das Bundesmodell, welches auch das Land Sachsen-Anhalt umsetzt, aber nicht nur das Land Sachsen-Anhalt, sondern auch zehn weitere Länder. Fünf Länder setzen eigene Modelle um. Zur Historie möchte ich gar nicht so viel ausführen; das hängt auch mit Wahlterminen und anderen Dingen zusammen. Wir haben uns jedenfalls entschlossen, das Bundesmodell umzusetzen.

Das heißt, dass diese elf Länder - das ist so - einheitlich vorgehen und dass wir bei dem Schreiben, das der eine oder andere schon bekommen hat, im Übrigen von 1,1 Millionen Eigentümern, d. h. 1,1 Millionen Steuerpflichtigen, reden mit der Folge, dass 1,1 Millionen Schreiben im Laufe der letzten Tage herausgegangen sind bzw. im Laufe der nächsten Tage herausgehen werden, sodass der eine oder andere es auch noch nicht bekommen hat.

Darüber hinaus gibt es Wohnungsbaugesellschaften und viele andere, bei denen nicht nur ein Schreiben reicht. Da es für jedes Eigentum ein Schreiben gibt, gibt es Pakete. Das macht nicht der IT-Dienstleister Dataport, der das ansonsten zentral für unser Land macht, sondern das machen die Finanzämter. Dann werden diese Eigentümer Pakete oder sogar Kartons bekommen, weil das so vorgesehen ist. Wir wollen einmal hoffen, dass die Adressen stimmen und wir nicht allzu sehr Probleme haben mit dem Rücklauf von Schreiben, die nicht zutreffend versendet worden sind.

Zur Frist für die Abgabe der Erklärung vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2022. Die Erklärung, die abgegeben werden muss, unterscheidet sich danach, ob ich ein Eigentümer bin, der der Grundsteuer A unterliegt - das ist die Land- und Forstwirtschaft -, oder ob ich ein Eigentümer bin, der unter die Grundsteuer B fällt - dazu gehören die bebauten/unbebauten Grundstücke, das Wohneigentum.

Das Ganze muss online erfolgen. Das heißt aber nicht, dass derjenige, der dazu nicht in der Lage ist, hierbei große Probleme bekommt. Die Finanzämter sind so aufgestellt, dass, wenn sie die entsprechenden Hinweise bekommen, die Erklärung auch in Papierform zugesendet wird. Das ist eine Frage, die immer wieder gestellt worden ist.

Wir haben das lange gut über Elster abgewickelt. Wer dort kein Nutzerkonto hat und auch kein Nutzerkonto beantragen will, der hat die Möglichkeit - das wird auch über den Bund zur Verfügung gestellt -, sich dort entsprechend zu registrieren, um dann die Erklärung abzugeben. Derjenige, der damit nicht zurechtkommt, hat die Möglichkeit, sich über „Elster“ einzuloggen. Übrigens muss in jedem Jahr jeder seine Einkommensteurerklärung abgeben.

(Zuruf)

- Das ist leider so. Ich sehe, Guido Heuer schüttelt den Kopf. Das müssen wir leider so hinnehmen.

(Zuruf)

Man ist dann in der Lage, über „Elster“ sozusagen auf das Land zuzugehen, um dort die Hilfestellungen zu bekommen. Dort sind auch Videos eingestellt, in denen Fragen beantwortet werden; das betrifft sowohl die Bundes- als auch die Landesebene.

Wenn man gar nicht zurechtkommt - das haben wir auch hinbekommen –, ist das LVermGeo in der Lage - das ist übrigens seit gestern, glaube ich, freigeschaltet -, die entsprechenden Informationen abzurufen.

Mir ist klar, das ist eine Mammutaufgabe. Wir müssen den Grundstückswert auf der Basis des Jahres 2022 ermitteln, was dazu führt, dass die Kommunen die Grundsteuermessbescheide von den Finanzämtern bekommen, um im Jahr 2025 die entsprechende Grundsteuer erheben zu können - das Ganze mit einem Hebesatz, den die Kommunen mit ihren entsprechenden Gremien

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

- kommt gleich, Guido! - festsetzen.

Damit sind wir bei dem Thema: Klar, das können wir den Kommunen nicht vorgeben.

Aber die Erwartung ist, dass das aufkommensneutral erfolgt. Wir haben im Land ein Aufkommen von rund 266 Millionen € jährlich. Das splittet sich auf in 242 Millionen € Grundsteuer B und 24 Millionen € Grundsteuer A. Es wird sich dann zeigen, inwieweit die Kommunen das entsprechend, sage ich einmal, verantwortungsvoll tun, damit wir letztlich zu einer aufkommensneutralen neuen Grundsteuer kommen.

Das heißt, es ist organisiert. Ich bin mir sicher, dass es viele Fragen geben wird. Um auch diese Fragen beantworten zu können, haben wir schon im Vorfeld für den Bereich des mittleren Dienstes die Anwärterzahlen massiv erhöht. Diese Personen sind jetzt fertig und werden in den Finanzämtern entsprechend eingesetzt. Jetzt fragt natürlich jeder: Habt ihr jetzt „über den Durst“ Personal? - Es ist vorgesehen, dass im Laufe der Zeit weniger Stellen nachbesetzt werden; die Leute werden dann dort entsprechend für die Positionen eingesetzt.

Wenn man sich die Aufforderung anschaut, dann wird man oben eine Telefonnummer vorfinden. Dort steht zwar auch ein Name. Wenn man dort anruft, dann kann es natürlich sein, dass man die Dame oder den Herrn nicht am Telefon hat. Aber die Servicenummern sind so geschaltet, dass z. B. im Finanzamt Magdeburg insgesamt 24 Mitarbeiter dafür vorgesehen sind. Je nachdem, wie der Bedarf ist, werden die Leute nach und nach entsprechend zugeschaltet. Wir gehen also davon aus, dass es nicht nur einen Servicemitarbeiter gibt. Vielmehr wird das in den Finanzämtern unterschiedlich sein. Je nachdem, welche Zahlen vorliegen, werden es viel mehr sein, die in der Lage sind, entsprechende Auskünfte zu erteilen.

Es sind 1,1 Millionen Schreiben herausgegangen. Wir müssen schauen, wie sich der Rücklauf insgesamt gestalten wird. Ich muss allerdings darauf hinweisen   dies ist im Übrigen auch bei allen anderen Steuererklärungen so, die man abzugeben hat  , dass es sich nicht um eine freiwillige Leistung handelt, sondern um eine Pflicht.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE, lacht)

Letztlich gibt es ein Instrumentarium, was dazu führen könnte   ich sage das nur; wir werden natürlich versuchen, das zu vermeiden  , dass letztlich auch eine Schätzung erfolgen muss. Aber die Finanzämter   das kann ich Ihnen jetzt schon sagen   sind sensibel genug, um entsprechend reagieren zu können und zu versuchen, so etwas letztlich zu vermeiden.

Ich glaube, das ist der Gesamtüberblick, den man im Augenblick haben muss. Wie gesagt: Am 1. Juli geht es los. Wir haben alles freigeschaltet. Es ist getestet worden, damit uns nicht etwas wegrutscht.

Es gab letzten Freitag einen Bericht in der „Volksstimme“. Darauf bin ich heute auch schon einmal angesprochen worden. Muss der Eigentümer mit dem Zollstock durch seine Wohnung und sein Haus gehen? - Schlimmstenfalls kann das tatsächlich passieren, allerdings nicht bei den Grundstücken. Die Werte liegen allesamt vor. Aber gehen wir einmal davon aus, man hat ein Haus gekauft aus dem Jahr   was weiß ich   1951 und es gibt dazu keine Unterlagen mehr. In dem Fall   ich sage: im Notfall   kann es passieren, dass man tatsächlich nachträglich messen muss. Aber auch in solchen Fällen werden wir sicherlich gemeinsame Lösungen finden, um mit dem Bürger, mit dem Steuerpflichtigen letztlich gemeinsam dafür zu sorgen, dass die entsprechenden Erklärungen zeitgemäß und inhaltlich angemessen zur Berücksichtigung kommen können.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke für die Beantwortung der Frage. - Herr Kosmehl stellt bitte die nächste Frage.


Guido Kosmehl (FDP):

Vielen Dank. - Herr Minister, Sie haben es angedeutet: zusätzliche Stellen im mittleren Dienst der Steuerverwaltung. Mich interessiert, wie viele Personalstellen insgesamt zur Abwicklung und Neuberechnung der Grundsteuer nach dem Bundesmodell, auf das sich die Vorgängerregierung geeinigt hat, jetzt im Land geschaffen werden müssen oder geschaffen worden sind.


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Wir haben 70 Anwärter eingestellt. Davon muss man allerdings etwas abziehen, da wir vorher auch schon eine gewisse Zahl vorgesehen haben. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sind es mehr als 50 zusätzliche Personen, die wir danach auf frei werdenden Stellen, die nicht nachbesetzt werden, letztlich einsetzen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Es gibt eine Frage von Herrn Rausch.


Tobias Rausch (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Minister Richter, Sie haben ausgeführt, dass eine Million Bescheide ergangen sind. Jeder hat Post bekommen. Die fleißigen Grundstückseigentümer, die jetzt das Vergnügen haben, das tun zu dürfen, haben teilweise schon versucht anzufangen. Ich frage Sie, ob in Ihrem Haus das Problem bekannt ist, dass es bei manchen Liegenschaften nicht funktioniert, Daten einzupflegen; warum auch immer.

Wenn man die Servicenummer kontaktiert, dann können die Bearbeiter einem auch nicht weiterhelfen. Wenn man dann den Hinweis gibt, dass man das machen will, um Strafzahlungen zu vermeiden, aber von niemandem eine Bestätigung bekommt, dass man es versucht hat, dann bekommt man als Antwort: Na ja, Sie erhalten noch ein Erinnerungsschreiben. Ist Ihnen diese Problematik bereits bekannt und, wenn ja, wie verfahren Sie in solchen Fällen?

Eine nächste Frage. Ihnen wird bekannt sein, dass es quasi auch Wohnungsgrundbücher gibt und nicht nur Grundstücksgrundbücher. Ich habe eine Liegenschaft mit diversen Eigentumswohnungen, aber im gemeinschaftlichen Grundstücksgrundbuch sind Sondernutzungsrechte vereinbart. Wie wird das genau geregelt? Das sind interessante Fragen, auf die keiner eine Antwort geben kann. Nicht dass ich dann eine Schätzung bekomme für irgendeinen Wert, den dann wiederum die Gemeinschaft besteuern muss.

Ich frage das, weil ich leider Gottes ein bisschen davon betroffen bin und viele kenne, die auch betroffen sind. Die Fragen zu diesen Problemen können von den Finanzämtern nicht beantwortet werden. Ich frage Sie, wie sich das damit verhält.


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Herr Rausch, wir haben zur Erklärungsabgabe aufgefordert. Es geht nicht um den Bescheid. Bitte bringen Sie das nicht durcheinander. Das greift im Übrigen ab dem 1. Juli.

(Tobias Rausch, AfD: Ja, ja, 1. Juli!)

Wir befinden uns aber noch im Juni. Deshalb haben wir als Land darauf geachtet, dass diese Aufforderung nicht zu früh herausgeht, weil es noch gar nicht freigeschaltet ist. Ab dem 1. Juli beginnt überhaupt erst die Bearbeitung. Dann können wir uns gern über die vielen Einzelheiten, die sich möglicherweise als Probleme darstellen, unterhalten. Aber ab dem 1. Juli sind die Bearbeitungen erst machbar.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Es gibt eine weitere Frage. - Herr Loth.


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrter Herr Minister! Der Zeitraum der Abgabe ist begrenzt. Meine Frage ist: Wie lange wird die Bearbeitung voraussichtlich dauern und wann bekommt der Bürger endgültig seinen Bescheid? Wie lange wird er warten müssen?


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Wir müssen differenzieren zwischen dem Steuermessbescheid und den Hebesätzen. Der Steuermessbescheid ergeht, wie gesagt, an die Kommune und an den Steuerpflichtigen. Eine Kommune kann die Hebesätze erst festsetzen, wenn Sie eine genügende Anzahl an Steuermessbescheiden vorliegen hat.

Entscheidend ist das Jahr 2025. Ab dem Zeitpunkt muss die Grundsteuer festgesetzt sein, damit sie erhoben werden kann. Wann die einzelnen Kommunen das tun, kann ich Ihnen nicht sagen. Wir haben natürlich ein Interesse daran, dass die Steuermessbescheide so schnell wie möglich an die Kommunen herausgehen, damit diese tätig werden können.

Wir haben jetzt von Juli bis Oktober Zeit; vier Monate. Ich denke, das ist ein Zeitraum, in dem das durchaus machbar ist. Wir werden sicherlich noch das eine oder andere Problem   das sage ich auch   bekommen. Wir müssen im Augenblick auch schauen, wie wir Lösungen finden. Ich muss dazu sagen: Das ist eine Aktion, die wirklich herausfordernd ist.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Für alle Beteiligten!)

Wir haben allerdings einen Vorteil bei den elf Ländern, dass wir nicht ganz allein sind. Wenn wir mit ein oder zwei Ländern ein eigenes Modell verfolgen würden, dann wäre das sicherlich schwieriger. Ich gehe davon aus, dass auf der Ebene der Referenten regelmäßige Austausche stattfinden werden, um solche Probleme, die im Einzelnen auftauchen, für alle angemessen lösen zu können. Das wird sicherlich immer wieder einmal Thema seien. Aber Sie können davon ausgehen, dass die Steuerverwaltung eine Menge Vorbereitungsarbeiten geleistet hat, um zeitlich und inhaltlich einigermaßen durchzukommen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ich schaue in die Runde und sehe keine weiteren Fragen, Herr Richter. - Danke. Dann wären wir damit im Großen und Ganzen durch. Wir können die Befragung für heute beenden. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann machen wir das. - Danke.