Kathrin Tarricone (FDP):

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gab der Aktuellen Debatte den Titel: „Schlimmste Dürre seit 250 Jahren in Sachsen-Anhalt. Wie reagiert das Land?“ In der Begründung finden sich Begriffe wie „extreme Dürren“, „enorme Einbußen“, „dramatische Zunahme“, „Rekordtemperaturen“.

Erfahren möchte BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Standpunkte der einzelnen Fraktionen sowie der Landesregierung. Im besten Fall möchte sie aufgezeigt bekommen, wie die Landesregierung auf diese extreme Lage reagiert. Eines vorneweg: auf jeden Fall nicht mit Panik.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist gut!)

- Schön, ja? Genau. Das passt ja auch zu uns.

(Beifall bei der FDP)

Unsere Gesellschaft steht im Moment so vielen Unwägbarkeiten gegenüber, dass es Aufgabe von Regierungen ist, besonnen zu handeln und die Zuversicht, Lösungen für Herausforderungen zu finden, nicht ständig infrage zu stellen. Genau das hat auch die Landesregierung vor, es nicht infrage zu stellen, sondern besonnen zu handeln.

Sie wird deshalb das weite Feld der Auswirkungen von Dürreperioden von Fachleuten sauber analysieren lassen, mit ihnen zusammen nach den besten und wirkungsvollsten Maßnahmen suchen und diese dann in Regierungshandeln übersetzen.

Aus dem der Begründung der Aktuellen Debatte zugrunde liegenden Beitrag des MDR vom 16. Juni 2022 untermauern folgende Zitate, dass überlegtes Handeln angezeigt und zielführender ist als das Schüren von Angst und Unsicherheit.

Zitat 1 von Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung: Sehr schnell kann man sehr wenig tun.

Zitat 2 vom selben Wissenschaftler: Klimamodelle zeigen, dass es weniger Niederschlag im Sommer, dafür aber mehr im Winter geben wird. Ein wichtiger Schritt ist es daher, Wasser aus dem Winter für den Sommer verfügbar zu machen.

Zitat 3, ebenfalls von Andreas Marx: Wir müssen uns darauf einstellen, dass Dürreereignisse in Deutschland zunehmen werden. Dadurch wird der Spiegel von kleinen Bächen, Flüssen und der Grundwasserspiegel sinken und großer ökologischer Schaden entstehen.   Jetzt kommt es:   Trotzdem dürfe man nicht in Panik verfallen. Eine Dürre gehe irgendwann wieder vorbei, auch wenn sie mehrere Jahre andauern werde.

Ein letztes Mal zitiere ich Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung: Wenn man Dürren hat und über mehrere Jahre nicht mehr genug Wasser für alle da ist, dann müssen wir überlegen, wie man das Wasser auf die Akteure verteilt. Das ist ein Feld mit vielen Konflikten, die zu lösen sind. Aber dafür haben wir genügend Zeit, um das gut vorzubereiten und die entsprechenden Regularien auf den Weg zu bringen.

(Zustimmung bei der FDP)

Gemeinsam ist allen Zitaten die Aussicht auf mögliche Lösungen der Herausforderungen. Dieser Ansatz entspricht geradezu der DNA der Freien Demokraten.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb sehen wir den MDR-Beitrag als Aufforderung zum überlegten Handeln. Dafür braucht es Zeit, nicht um die Hände in den Schoß zu legen oder um den Rücken an die Lehne von Plenarsaalstuhl zu lehnen und die Dinge laufen zu lassen, sondern Zeit für Fachaustausch, und der läuft bereits, unter anderen mit 28 Verbänden für die Wasserunterhaltung.

Ziel im Koalitionsvertrag ist es, im Wassergesetz den Paradigmenwechsel bei der Gewässerunterhaltung abzubilden. Anstatt sich nur auf eine schadlose Wasserwegleitung zu konzentrieren, muss der Wasserrückhalt in der Fläche mit in den Blick genommen werden. So kann Wasser aus dem Winter für den Sommer verfügbar gemacht werden.

Derzeit wird mit 28 Verbänden der Wasserunterhaltung eine Bestandsaufnahme erarbeitet, um zu ermitteln, welche Maßnahmen umgesetzt werden können. Dazu gehört auch eine Analyse des personellen und finanziellen Mehraufwands. Die schlichte Änderung des Rechtsrahmens wird nichts ändern.

Wir haben es schon mehrfach gehört und wissen es auch, ohne dass ich es hier noch einmal sage: Betroffene von Dürren sind unsere Landwirte und Waldbesitzer.

Die Landwirte selbst reagieren aber auch schon durch die Anpassung der Fruchtartenwahl und durch den Einsatz von Wasser sparenden, aber hocheffektiven Bewässerungssystemen. So erprobt die Agrargenossenschaft Bad Dürrenberg   kleines Wortspiel, aber das war gar nicht gewollt, das ist passiert   seit dem Jahr 2020 moderne Tröpfchenberegnungsanlagen. Dabei werden Schläuche auf der Erde ausgelegt, aus denen das Wasser   das kann man sich ja vorstellen   direkt an die Pflanzen tropft.

Das war früher überhaupt kein Thema, weil megaaufwendig. Ich muss, wenn die Pflanzen im Boden sind, die Schläuche verlegen, und muss sie vor der Ernte auch wieder herausziehen. Heute wird tatsächlich darüber nachgedacht, das zu machen. Dass das natürlich nicht für alle Kulturen geht, ist wohl allen hier im Saal klar, den Landwirten auch. Aber in dem Test, den die Agrargenossenschaft gemacht hat   es war ein Kartoffelacker  , hat sie   jetzt finde ich es gar nicht so schnell   

(Kathrin Tarricone, FDP, blättert in ihrem Manuskript)

einen, ich glaube, vierfach höheren Ertrag gehabt.

Dann gibt es noch Beregnungswagen. Das sind ziemlich große Wagen mit breiten Auslegern, die auch ganz tief Tröpfchenbewässerung machen. Dadurch erspart man sich die ganze Windabdrift und die ganze Verdunstung. Das heißt, findige Landwirte sind schon unterwegs, um sich etwas einfallen zu lassen. Ein Allheilmittel sind die Beregnungsanlagen jedoch nicht. Wie schon erwähnt, sind sie mit viel Arbeitsaufwand und hohe Unterhaltskosten verbunden. Also, man muss genau abwägen, welche Pflanzen davon profitieren.

Wir Freie Demokraten sehen in der Züchtung trockenresilienter Pflanzen eine gute Möglichkeit, um mit dem in der Vegetationsperiode weniger verfügbaren Wasser eine gute Ernte zu erreichen. Wir plädieren für einen    

(Unruhe bei der AfD)

- Darf ich auch Ihre Aufmerksamkeit bekommen bei diesem wichtigen Thema? - Herzlichen Dank.

(Tobias Rausch, AfD: Kein Problem!)

Wir plädieren für einen offenen und transparenten Umgang mit neuen Züchtungstechniken bspw. dem Genome Editing, welches das Portfolio der biotechnologischen Methoden ergänzt. Es erlaubt präzise zeit- und kostensparend Änderungen im Erbgut einer Nutzpflanze, die von natürlichen Mutationen nicht zu unterscheiden sind. Angesichts von Klimawandel und globalem Bevölkerungsanstieg wollen wir eine verantwortungsvolle Erforschung dieser Techniken nicht ideologisch verbauen.

(Beifall bei der AfD)

Über den Zustand unserer Wälder haben wir hier im Plenum schon mehrfach diskutiert. Hitze, Trockenheit und Käferkalamitäten ließen in den letzten Jahren Tausende Hektar Waldfläche regelrecht absterben. Zu sehen sind im Moment gerade in unserem schönen sachsen-anhaltischen Mittelgebirge, dem Harz, der immer Garant für gute wirtschaftliche Erträge aus dem Holzverkauf und im Tourismus war, kahle Flächen und verzweifelte Waldbesitzer.

Eben diese luden am 10. Juni in die Feuerstein-Arena in Schierke zum Waldwirtschaftsgipfel ein. Auf der Fahrt zum Tagungsort konnten sich alle, die sich das Ausmaß der Herausforderungen bislang tatsächlich noch nicht angesehen hatten, ein Bild von der Situation machen.

Die Waldbesitzerverbände aus Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen, welche die Tagung organisiert hatten, ergingen sich aber nicht in der Problembewunderung, sondern hatten Wissenschaftler eingeladen, die Lösungen zu bieten hatten, Lösungen dafür, wie die ausgefallenen Erträge aus der Waldbewirtschaftung akut ausgeglichen werden können und wie die Waldbewirtschaftung langfristig auf sichere Füße gestellt werden kann.

Dem Vorschlag, den Waldbesitzern die Ökosystemleistung des Waldes zu vergüten, können wir Freien Demokraten viel abgewinnen. Luftreinhaltung, CO2-Bindung, Wasserreinigung und   speicherung, Erosions- und Artenschutz sowie Erholungsnutzung haben unsere Wälder bislang ohne Vergütung geliefert. Dass diese Leistungen wichtig sind, darüber diskutieren wir gerade hier. Wir Freien Demokraten begrüßen es sehr, einen Marktmechanismus auch für diese Leistungen, mindestens aber für die CO2-Speicherung zu entwickeln.

Eine Stilllegung weiterer Waldflächen im Sinne von „einfach einmal die Natur machen zu lassen“, unterstützen wir in der derzeitigen Situation nicht.

(Zustimmung bei der FDP)

Die auf der Fachtagung anwesenden Wissenschaftler belegten, dass bewirtschaftete Wälder bei der CO2-Bindung stillgelegten Wäldern überlegen sind.

(Zustimmung von Alexander Räuscher, CDU)

Voraussetzung dafür ist eine nachhaltige Holznutzung. Genau deshalb soll auch die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt in Sachen Holzbau die innovativste der Bundesrepublik werden.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Darauf bin ich gespannt!)

- Können Sie. Das machen wir.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Ob Sie es diesmal schaffen, darauf bin ich gespannt!)

  Genau.   Darüber hinaus wollen wir Freien Demokraten es den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft ermöglichen, mit steuerfreien Risikoausgleichsrücklagen in guten Jahren besser für Dürren und andere Folgen des Klimawandels vorzusorgen. Auf diese Weise werden sie unabhängiger von staatlichen Notprogrammen.

Ich könnte noch zu vielen anderen Bereichen wie der Verbesserung der Waldbrandbekämpfung Ideen vorstellen. Ich sehe aber meine Zeit; sie ist begrenzt. Wenn es mir im Moment gelungen ist aufzuzeigen, dass wir Möglichkeiten haben, mit der Dürre umzugehen, dann bin ich fürs Erste zufrieden. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Tarricone, es gibt aber noch die Möglichkeit, länger zu reden,

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das habe ich vermutet!)

und zwar, wenn Sie die Frage von Frau Lüddemann beantworten wollen.


Kathrin Tarricone (FDP):

Frau Lüddemann? - Ja.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Na sicher. - Dann stellen Sie sie einmal.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Danke, für Ihren Beitrag. Sie haben ja den Wissenschaftler Marx zitiert und auch gesagt, dass sich die Niederschläge verändern, also vom Sommer in den Winter verlagern usw. Das ist an sich aber keine gute Nachricht, weil sich auch die Dauer der Niederschläge verändert.

Wenn man diesen Artikel des Wissenschaftlers Marx weiterliest, dann weiß man, dass er sehr davor warnt, dass es im Moment eine Situation gibt, in der wir 80 % Schauer und 20 % Dauerregen haben. Noch vor 20 Jahren sah das Verhältnis ganz anders aus. Damals hatten wir 40 % Dauerregen und dementsprechend 60 % Schauer.

Das hört sich nicht dramatisch an, aber wenn diese 80 % Schauer auf eine ausgetrocknete Erde treffen, dann heißt das, dass der Boden nicht mehr in der Lage dazu ist, diese Wassermengen aufzunehmen. Es ist im Prinzip, so verrückt es klingt, schädlicher, wenn es sehr viel in kurzer Zeit regnet, als wenn es gar nicht regnet, weil dann nämlich die humusreichen Schichten weggeschwemmt werden.

Dieser Wissenschaftler stellt dar, dass das kein Wetterphänomen, sondern tatsächlich schon Klimawandel und eine dramatische Situation ist. Geben Sie mir in dieser Einschätzung und in der Wiedergabe dessen, was dort zu lesen war, recht?


Kathrin Tarricone (FDP):

Liebe Frau Lüddemann, natürlich gebe ich Ihnen recht in der Einschätzung, dass wir eine außergewöhnliche Situation haben. Aus dem Interview geht doch auch hervor   ich habe versucht, es hier klarzumachen  , dass wir uns dieser Angst   ich nehme jetzt einmal Ihr Wort   vor der Apokalypse nicht ergeben müssen.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Das habe ich nicht gesagt!


Kathrin Tarricone (FDP):

Ja, aber es ist für uns    


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Das habe ich nie gesagt!


Kathrin Tarricone (FDP):

- Frau Lüddemann, ganz ehrlich: so oft, auch in Ihrem Eingangsstatement, diese Angst, dieses Drama    


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Drama ja!


Kathrin Tarricone (FDP):

Das muss gelöst werden. Das haben wir erkannt und auch dafür müssen wir eine Lösung finden. Lassen Sie uns gute wissenschaftlich basierte, kausale Zusammenhänge nutzen und Lösungen gemeinsam finden. Wenn das bei meinem Vortrag herausgekommen wäre, dann wäre ich schon sehr glücklich. Also, wir Freien Demokraten, die Koalition, die Landesregierung will ganz genau das.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU - Markus Kurze, CDU: Jawohl!)