Hendrik Lange (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir in diesen Tagen durch unser Bundesland fahren, dann erleben wir die Auswirkungen der menschengemachten Klimakatastrophe hautnah, live und in Farbe. Es gehört zur dramatischen Wahrheit dazu, dass wir erst am Anfang einer globalen Entwicklung stehen, die unkontrollierbar ist.

Denn während hier noch juristische Auseinandersetzungen geführt werden, wer welche Wasserrechte bekommt, haben wir in den Dürregebieten des globalen Südens Fluchtbewegungen, da Menschen durch Wasser- und Nahrungsmangel sterben. Ja, meine Damen und Herren, sie sterben. Es kommt immer wieder zu bewaffneten Konflikten um das Wasser.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die erste und wichtigste Schlussfolgerung aus dieser aktuellen Debatte muss daher sein: Wir müssen alles dafür tun, um die menschengemachte Klimakatastrophe aufzuhalten.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Wir müssen es jetzt tun oder, wie man in Wendezeiten sagte, unverzüglich.

Meine Damen und Herren! Nun sind wir mitten in der Klimakatstrophe und müssen dringend Anpassungsmaßnahmen vornehmen. Wir erleben, wie unsere Felder verdorren, riesige Waldgebiete absterben oder auch Brände bei der Trockenheit um sich greifen.

Eine der Aufgaben ist, unsere Feuerwehren so zu ertüchtigen, dass sie die drohenden Brände auch wirksam bekämpfen können.

Wir müssen uns auf Szenarien vorbereiten, wie ich sie aus dem südostspanischen Trockengebiet kenne. Wir müssen in Ausrüstung investieren und wir benötigen mehr Menschen, die bereit sind, diese gefährliche Aufgabe zu übernehmen.

An dieser Stelle gilt mein herzlicher Dank allen Kamerad*innen der Feuerwehren für ihren Einsatz.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Meine Kollegin Kerstin Eisenreich hat bereits darauf gedrungen, dass mehr Wasser in der Fläche gehalten werden muss; das ist heute bereits mehrfach angesprochen worden. Im mitteldeutschen Trockengebiet kommt es besonders darauf an, die Winterfeuchte effektiv zu nutzen, um die Sommertrockenheit zu überbrücken.

Wir brauchen effektive Schutzstrategien, um mit Starkregenereignissen umzugehen. Es gehört zum Paradox dazu, dass uns immer wieder Hochwasserereignisse ereilen werden. Denn die Zunahme der sogenannten Omega-Wetterlagen ist eine Folge des Klimawandels.

Gleichzeitig müssen wir endlich die Versiegelung des Bodens beschränken; versiegelte Bodenflächen wieder frei räumen und dort, wo versiegelt wird, auf Wasserrückhaltemaßnahmen drängen;

(Zustimmung von Elrid Pasbrig, SPD)

Zisternen anlegen und endlich auf eine Umsetzung der Konzepte zu Schwammstädten bei der Stadtentwicklung hinarbeiten.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

In Halle soll ein neues Wohngebiet gebaut werden. Wir haben gestern einen Antrag eingebracht mit dem Ziel, den Investor zu verpflichten, in diesem Wohngebiet Zisternen anzulegen. Kurze Frage: Wer hat dagegen gestimmt? Raten Sie mal. Es wurde gerade sehr viel über Wasserrückhaltung usw. gesprochen. Wer hat dagegen gestimmt? Das Abstimmungsverhalten kann man sich in diesem Stadtrat ungefähr vorstellen.

Vonseiten der Verwaltung wurde uns mitgeteilt, dass wir diese Auflage gar nicht machen können, weil wir die Möglichkeit hätten, das Wasser wegzuleiten. Das ist die völlig falsche Herangehensweise an dieses Thema. Wenn wir uns heute unsere Stadtbäume anschauen, dann muss doch jedem klar werden, dass wir jeden Tropfen Wasser irgendwie speichern müssen, damit wir über die Sommer kommen.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei den GRÜNEN und von Elrid Pasbrig, SPD)

Ich verstehe gar nicht, wie man darüber noch diskutieren kann.

Da sich die Umweltpolitiker zumeist einig sind, ist es gut, dass heute auch der Wirtschaftsminister gesprochen hat. Denn es muss eine kluge Strategie dazu geben, wie man in der Wirtschaftsentwicklung mit dem Problem Wasser umgehen soll. Wir wissen, was an Wasser verbraucht werden wird, wenn sich Intel hier angesiedelt. Bereits jetzt muss klar sein, dass die Bodenversiegelung durch Wasserspeicher kompensiert werden muss. Niemand   auch wir nicht; keiner von uns   möchte diese großartige industrielle Entwicklung in unserem Land verhindern. Aber wir müssen sie doch derart gestalten, dass sie mit Blick auf die Umwelt und die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort zukunftsfähig ist. Dazu gehört zu allererst auch das Wasser.

(Zustimmung von Eva von Angern, DIE LINKE, und von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)

Ein weiteres Projekt in unserem Bundesland ist das Wasserstoffcluster im mitteldeutschen Raum, das absolut unterstützenswert ist. Das machen wir auch. Aber wir müssen uns bereits jetzt mit den damit einhergehenden Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit auseinandersetzen. Es ist schnöde naturwissenschaftliche Erkenntnis, dass zur Gewinnung von einem 1 kg Wasserstoff mindestens 9 kg Wasser benötigt werden. Ich werde nicht müde, auf diesen Fakt immer wieder hinzuweisen, auch wenn ich die Orientierung auf Wasserstoff richtig finde. Wir müssen darauf aber genau vorbereitet sein.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Was wir benötigen, ist eine landesweite Wasserstrategie. In der muss klar geregelt sein, dass die Versorgung der Menschen mit Wasser Priorität hat, dann kommt die Landwirtschaft, für die Erzeugung von Lebensmitteln, und dann erst die Industrie. Denn es gehört zur Wahrheit dazu, dass die Industrie in Deutschland der größte Wasserverbraucher ist. Ebenso muss in der Landwirtschaft alles dafür getan werden, um mit Wasser sparsam umzugehen und insbesondere Wasser so einzusetzen, dass ein Versalzen der Böden verhindert wird.

Für unsere Wasserstrategien benötigen wir ehrliche, belastbare Gebietswasserbilanzen. Wir müssen wissen, wie viel Wasser sich bildet und wie viel entnommen wird. Denn, meine Damen und Herren, wer glaubt, Wasser ist immer und zur Genüge vorhanden, der irrt sich. Modernste satellitengestützte Forschungsergebnisse haben ergeben, dass Deutschland eines der Länder mit dem größten Wasserverlust ist. Jährlich verliert Deutschland 2,5 Gt Wasser; das entspricht in den vergangenen 20 Jahren der Menge des Wassers im Bodensee. Darum müssen wir jetzt handeln. Darum müssen wir dafür sorgen, dass wir jetzt etwas tun, damit es dann nicht zu spät sein wird, wenn die Katastrophe tatsächlich eintreten würde.

Meine Damen und Herren! Im Übrigen gehört auch dazu, dass salzhaltige Abwassereinleitungen in Staßfurt reduziert werden müssen und nicht verstetigt werden dürfen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Denn die Bode wird weniger Wasser führen und wir verzeichnen dort bereits jetzt ein Fischsterben und fischfreie Zonen. Das gehört natürlich zu der Debatte darüber dazu. Denn es ist auch ein Gebot, dass sich unsere Gewässer verbessern und sich nicht einfach nur nicht verschlechtern sollen.

Meine Damen und Herren! In der vergangenen Trockenperiode machte die Stadt Sangerhausen Schlagzeilen, weil sie den Wasserverbrauch der Menschen stark einschränken musste. Hingegen profitieren viele Menschen von einer weitsichtigen Entscheidung unserer Vorväter und Mütter,

(Guido Kosmehl, FDP: Sie z. B.!)

nämlich ein riesiges Fernwassernetz aufzubauen.

Wir sollten dringend darüber nachdenken, erstens das eigene Fernwassernetz auszuweiten und zweitens die Fernwassernetze deutschlandweit zu verbinden. Die regenreichen Gebiete könnten damit die Trockengebiete mit versorgen. Grundlage für eine solche Investitionsentscheidung müssen aber eine Gesamtwasserbilanz und eine echte Wasserstrategie sein.

Meine Damen und Herren! Die menschengemachte Klimakatastrophe ist real. Der Kampf um das Wasser hat auch in Deutschland begonnen. Lassen Sie uns jetzt klug handeln, damit wir weiterhin in einem Bundesland leben können, in dem Wasser für die vielen und nicht für die Profite weniger vorhanden ist. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE, und von Olaf Meister, GRÜNE)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Lange, es gibt eine Frage von Herrn Köhler. Wollen Sie die beantworten?


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Von der AfD?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ja.


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Nein.

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht - Ulrich Siegmund, AfD: Inhaltlich stellen! - Thomas Korell, AfD: Aber es geht doch ums Wasser!)