Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Kriege ich auch noch ein bisschen Wasser?

(Lachen bei der CDU - Dem Redner wird ein Glas Wasser gebracht)

Vielen Dank. Jetzt sparen wir schon bei der Zehnminutendebatte an Wasser. Man merkt, das Wasser ist knapp.

(Lachen bei der CDU - Zurufe von Siegfried Borgwardt, CDU, und von der AfD - Frank Bommersbach, CDU, auf eine Wasserflasche vor sich weisend: Die CDU hat gebunkert!)

Liebe Kollegen! Herr Vorsitzender! Ich möchte ganz kurz ankündigen: Auch ich muss um kurz nach 13 Uhr in diese Sonderschalte mit Herrn Habeck.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

Ich hoffe, das lässt man hier zu. Es ist eine sehr kritische Situation, auch für Sachsen-Anhalt, die jetzt auf uns im Wirtschaftsbereich zukommen könnte. Wir wissen, wie abhängig wir vom Gas sind. Deswegen hoffe ich, dass Sie dafür Verständnis haben.

Nichtsdestotrotz möchte ich hier einige Punkte erwähnen. Frau Frederking, ich bin sehr dankbar für die Punkte, zu denen Sie geredet haben; das sage ich Ihnen ganz offen. Auf einige davon werde ich jetzt eingehen und werde aufzeigen, dass wir als Landesregierung an dieser Stelle etwas machen. Es sei mir erlaubt, zu sagen, dass es dafür gar nicht der GRÜNEN bedarf. Wir sehen selbst, was zu machen ist. Wir werden auch entsprechend handeln.

Das Frühjahr 2022 gehört zu den drei niederschlagsärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Der März 2022 - das stimmt - war sogar der trockenste Monat überhaupt. Zu dem aktuellen Regenmangel kommt erschwerend hinzu, dass die fehlenden Niederschläge im Jahr 2018 und im Jahr 2020 bisher nicht kompensiert wurden. In diesen drei Dürrejahren kam es zu Niederschlagsausfällen, die mengenmäßig, wenn man diese zusammenaddiert, einer fehlenden Niederschlagsmenge von einem halben Jahr entsprechen. Die Folge ist, dass die Grundwasserstände unter ihren langjährigen Mittelwerten und die Bodenfeuchte deutlich unter den Normalwerten liegen.

Sachsen-Anhalt befindet sich derzeit, wie im Antrag der GRÜNEN an der Stelle sogar richtig festgestellt wurde, in einer metrologischen und landwirtschaftlichen Dürre. Um den Folgen und Ursachen dieser Trockenheit entgegenzuwirken, müssen und wollen wir als Landesregierung handeln - entschlossen, aber nicht aktionistisch; besonnen und auch nicht übermütig.

(Zustimmung bei der FDP, von Michael Scheffler, CDU, und von Sandra Hietel Heuer, CDU)

Als Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister bin ich zuständig für die Bereiche, die zum Teil existenziell von einer ausreichenden Wasserversorgung abhängig sind, allen voran die Landwirtschaft, die sich seit dem Jahr 2018 immer wieder Hitze- und Trockenperioden ausgesetzt sieht mit Trockenstress bei Kulturpflanzen und in der Folge mit erheblichen Ernteeinbußen.

Auch die Forstwirtschaft leidet unter den ausbleibenden Regenfällen. War es bis vor zwei Jahren für Förster kaum vorstellbar, dass bspw. Buchen infolge von Wassermangel absterben, so ist das heute leider ab und an traurige Realität.

Die aktuellen Waldbrände sind ebenfalls Folge von Hitze und Trockenheit. Zudem beobachten wir das Trockenfallen von Bächen und Flüssen, eine Verschlechterung der Wasserqualität und der Grundwasserstände. In einigen Bereichen darf Oberflächenwasser darf nicht mehr zu Beregnungszwecken entnommen werden.

Wie gehen wir dieses Problem also an? Eines muss uns allen klar sein: Einfache und schnelle Lösungen wird es hierfür nicht geben. Dazu ist das Thema viel zu komplex. Klar ist auch: Sachsen-Anhalt kann den Klimawandel nicht allein bekämpfen. Hierzu brauchen wir globale Anstrengungen - das ist das, was Herr Hauser zu Recht angesprochen hat. Aktionismus und Einzelmaßnahmen hier und da sind folgerichtig nicht geeignet. Wir wollen dem Klimawandel nachhaltig und langfristig begegnen. Wir brauchen also Lösungen, die den gesamten Kontext erfassen, kurz-, mittel- und langfristig. Hierbei sind nicht nur Geld und technisches Know-how gefordert, hierbei geht es am Ende auch um vernünftige Kompromisse zwischen Umwelt und Naturschutz auf der einen Seite, Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie mit dem ländlichen Raum auf der anderen Seite.

Aus meiner Sicht müssen wir im Land folgende konkrete Maßnahmen umsetzen:

erstens   das wird Sie jetzt wundern; das sind auch Dinge, die Sie angesprochen haben   Verbesserung des Wasserrückhalts in der Fläche, um uns vor Dürre, Hochwasser und Starkregen zu schützen,

zweitens Verbesserung des regionalen Wassermanagements gemeinsam mit den Umwelt- und Naturschutz- sowie den oberen und unteren Wasserbehörden, sodass der Gebietswasserhaushalt wieder funktioniert; allein eine strikte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie mit der Ableitung des Wassers oder eine Vernässung durch Wiederbelebung von Niedermooren hilft uns meines Erachtens nicht;

drittens vorhandene und aufgegebene Stauanlagen und Wasserspeicher wieder in eine Bewirtschaftung bringen, die sowohl Natur und Umwelt als auch dem Wald sowie den Feldern und den Landwirten dienlich ist, und

viertens bereits vorliegende Studien und Handlungskonzepte zu dem Thema umsetzen und die erforderlichen Finanzmittel bereitstellen.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle die geplante Richtlinie meines Hauses über die Gewährung von Zuwendungen für den Neubau und die Erweiterung von Anlagen zur Wasserspeicherung, Grundwasseranhebung und Pumpanlagen zur überbetrieblichen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Wasserressourcen. Zuwendungszweck ist die Verbesserung des ökologischen und chemischen Zustands der oberirdischen Gewässer in ländlichen Räumen. Darüber hinaus hat die Richtlinie die Verbesserung des mengenmäßigen Zustandes von Gewässern durch eine nachhaltige überbetriebliche Nutzung in bestimmten Gebieten zum Ziel. Aktuell befindet sich diese Richtlinie zur Mitzeichnung beim Finanzministerium und beim Landesrechnungshof.

Ich bin sehr dankbar dafür   das möchte ich hier auch noch einmal sagen  , dass die entsprechende Haushaltsvorsorge getroffen wurde. Im Haushaltsplan für das Jahr 2022 sind Verpflichtungsermächtigungen und Kassenmittel in Höhe von insgesamt 5 Millionen € eingestellt worden. Selbstverständlich habe ich für das Jahr 2023 Mittel in ähnlicher Höhe angemeldet.

Wasserversorgung ist definitiv Daseinsvorsorge, das ist richtig. Dieser Verantwortung sind wir alle uns bewusst. Dieser Verantwortung müssen wir uns auch in den nächsten Jahren weiterhin stellen. Dabei sind wir alle gefordert, auch der Landtag als Haushaltsgesetzgeber. Ich werde für den Bereich, den ich zu verantworten habe, immer wieder entsprechende Vorschläge machen, so wie ich sie auch schon in den letzten Wochen und Monaten eingebracht habe und diskutieren lasse. Dafür braucht man an der einen oder anderen Stelle auch die finanziellen Mittel. Dafür bitte ich den Haushaltsgesetzgeber, also den Landtag, um Unterstützung.

Zum Schluss möchte ich noch ein Thema ansprechen, das mir als Wirtschaftsminister auch sehr wichtig ist. All das, was wir an Klimaschutzmaßnahmen und ähnlichen Dingen in Deutschland und vielleicht auch in Europa umsetzen müssen, wird von der ganzen Welt sehr genau betrachtet. Wir als Bundesrepublik Deutschland, als größte Volkswirtschaft in der Europäischen Union, bringen jetzt Dinge auf den Weg, bei denen wir wissen, dass   Kollege Hauser hat es angesprochen   auch Südamerika, China und andere diese Dinge mit auf den Weg bringen müssen, um den Klimaschutz global zu machen.

Diese Staaten schauen sich das alles sehr genau an. Wenn wir durch diese Maßnahmen, die wir voranbringen, unsere Volkswirtschaft in eine Rezession bringen würden, wenn wir die Situation der Menschen hier dadurch letzten Endes verschlechtern würden, was wir alle nicht wollen   deswegen sage ich: besonnen handeln und genau darüber nachdenken, was wir machen  , dann werden andere Länder und andere Regionen dieser Welt nicht nachziehen. Und dann haben wir am Ende des Tages kein gutes Ergebnis. Das heißt, das, was wir machen, muss substanziell sein, das muss gut durchdacht sein. Das geht oft nicht von heute auf morgen.

Uns allen hier im Hohen Hause   ich glaube, das betrifft alle Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt   ist bewusst, dass es Dinge geben muss, die wir auf den Weg bringen und über die wir werden diskutieren müssen. Aber wir sollten das mit Bedacht und mit Vorsicht tun und vielleicht immer zweimal darüber nachdenken, bevor wir Dinge in einem Schnellschuss umsetzen. Denn dann haben wir am Ende nichts gewonnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es gibt noch eine Frage von Frau Frederking. - Dann machen wir die noch schnell, Frau Frederking.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich weiß, Sie müssen weg. Das geht ganz schnell. Ich kann Ihnen versprechen, unsere Vorschläge sind mit Bedacht erarbeitet worden. Wir haben nicht nur zweimal darüber nachgedacht, sondern dreimal. Sie kennen doch den Spruch: das eine tun, ohne das andere zu lassen. Komplexe Dinge brauchen mehr Nachdenken und mehr Vorarbeit. Aber was soll gut sein an dem Vorgehen, wenn man richtige Maßnahmen, die unzweifelhaft richtig sind, wie bspw. das Wasser in der Fläche zu halten, nicht jetzt sofort angeht?


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Vielen Dank für die Nachfrage. Ich habe ja nicht gesagt, dass wir das nicht angehen. Fakt ist aber auch, das muss auch entsprechend organisiert sein, das muss auch entsprechend abgestimmt sein. Das, was ich hier zum Ausdruck bringe, ist, dass die Dinge, die Sie hier angesprochen haben und bei denen vielleicht rüberkommt, dass die Landesregierung das nicht macht, genau die Dinge sind, über die wir diskutieren, übrigens gemeinsam mit Armin Willingmann, mit seinem Haus, der ja für die Bereiche im Wesentlichen zuständig ist, der dafür auch die Wege ebnen muss.

Wir sollten allerdings vermeiden, dass man denkt, es gebe immer nur einen, der weiß, wie es richtig funktioniert. Wir müssen das gemeinsam machen. Deswegen freue ich mich auch über die weiteren Diskussionen, die wir zu diesem Thema sicherlich auch in den verschiedenen Ausschüssen des Landtages von Sachsen-Anhalt haben werden. Am Ende des Tages werden wir gemeinsam vernünftige Lösungen auf den Weg bringen. Das wird diese Landesregierung machen, davon bin ich überzeugt.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der FDP)