Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir versuchen einmal zu ein bisschen Sachlichkeit zurückzukehren


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Ja, bitte!


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

und den Antrag der GRÜNEN vor allen Dingen auf das zu reduzieren, was tatsächlich darin beantragt worden ist, nämlich eine Verringerung der Abstände zwischen Windrädern.

Jeder, der durch unser Bundesland fährt, findet dort inzwischen vor seinen Augen eine wundervolle Ansammlung von Windrädern der unterschiedlichen Stufen. Die werden immer größer. Die Rotorblätter werden auch immer größer. Wenn man das so betrachtet, dann kommt man, glaube ich, relativ schnell zu dem Ergebnis, dass die Idee, die Abstandsflächen zwischen den entsprechenden Windrädern zu reduzieren, einfach rein statistisch nicht wirklich zum Ziel führen wird.

Frau Lüddemann, nehmen wir uns einmal ein Beispiel. Wir nehmen jetzt einfach einmal ein Windrad, das am höchsten Punkt 200 m hoch ist. Das hat inzwischen Rotorblätter von etwa 80 m. Wenn der der Abstand zwischen den Windrädern 50 m beträgt und die Rotorblätter bei insgesamt 200 m Größe 80 m groß sind, dann haben wir einen Abstand vorliegen, mit dem es nicht funktioniert. Das heißt, wir haben inzwischen eigentlich nicht mehr die Frage, was im Gesetz steht, sondern wir haben tatsächlich auf einer Fläche zunehmend die Frage, was die Technik überhaupt hergibt.

Es kommt noch ein Aspekt dazu. Ich glaube, das ist auch etwas, was im Zuge der hier emotional geführten Debatte über Fledermäuse und Rotmilane eine Rolle gespielt hat, nämlich die Frage, welche Turbulenzen Windräder produzieren, wenn sie denn in Betrieb sind, und die Frage, was das dann mit dem Nachbarwindrad macht. Auch das sorgt dafür, dass wir entsprechende Abstände brauchen. Ein gleicher Punkt ist dann natürlich die Frage nach dem Windschatten. Nehmen sich die entsprechenden Anlagen wechselseitig den Wind?

Das alles sind Punkte, die man meiner Meinung nach sorgfältig betrachten muss. Unabhängig davon haben wir alle wahrgenommen, dass die Bundesregierung mit ihrem Wind-an-Land-Gesetz und auch im Koalitionsvertrag festgelegt hat, dass wir mehr Windenergie in Deutschland haben wollen. Ich glaube, niemand hier im Raum wird etwas dagegen haben, wenn der Energiemix, den wir im Land haben, ein bisschen breiter aufgestellt wird. Denn die Weisheit, dass ein Energiemix, der aus unterschiedlichen Energiearten besteht und im Übrigen auch aus unterschiedlichen Herkunftsorten kommt, uns deutlich resilienter und unabhängiger gegenüber den Störungen macht, die wir gerade wahrnehmen, ist nicht ganz so neu und nicht ganz so jung.

(Zustimmung bei der CDU)

Das wollen wir natürlich unterstützen. Deshalb: Ja, 2 % der Landesfläche für Windenergie scheinen akzeptabel zu sein. Ich sage aber hier ganz klar auch: 2 % und nicht noch irgendwie mehr.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte gern als Bundesland sehen, dass auch andere Bundesländer ihren Beitrag liefern. Damit meine ich übrigens genauso die Städte wie auch Länder wie Bayern und Baden-Württemberg.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Aus einem Grund halte ich es für wichtig, dass wir uns dem Thema wirklich sorgfältig nähern. Die Bundesregierung hat einen Entwurf vorgelegt. Der Bundestag wird entscheiden. Der Bundesrat wird befasst werden. Natürlich werden wir hier dem Landtag entsprechende Vorschläge unterbreiten. Aber ich halte das, was jetzt gerade vorgeschlagen wird, für deutlich zu kurz gesprungen und empfehle, das abzulehnen. - Ich danke Ihnen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. Es gibt zwei Fragen, und zwar von Frau Frederking und dann im Anschluss von Herrn Thomas. - Frau Frederking.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Der Abstand zwischen Windanlagen wird natürlich durch die Physik und ganz speziell durch die Anforderungen an die Standsicherheit bestimmt. Das ist völlig klar.


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Ja.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Darüber hinaus gibt es eine Fläche, einen Windpark und im Einzelfall kann es natürlich so sein, dass man dort, wo die Windanlagen stehen, bei einer Verringerung der Tiefe der Abstandsfläche die Windanlage dort noch aufbauen kann, also noch eine zusätzliche Anlage bauen kann. Man muss dann eben nicht entlang von Grundstücksgrenzen bauen. Denn die Tiefe der Abstandsfläche   auch als Baulastkreis bezeichnet   bedeutet ja, dass in diesem Umkreis nichts gebaut werden darf, was auf einem Acker auch üblicherweise nicht stattfindet.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, kommen Sie bitte zu der Frage.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ist Ihnen klar, dass die Windanlagen von den Planern und Investoren

(Frank Bommersbach, CDU: Wo ist die Frage? Frage!)

immer gemäß der Physik und der Anforderungen an die Standsicherheit bestimmt werden und dass die Tiefe der Abstandsfläche nicht die Abstände zwischen den Windanlagen definiert, aber im Einzelfall dazu führt,


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, ich glaube, Frau Dr. Hüskens hat die Frage verstanden.

(Frank Bommersbach, CDU: Es gab doch keine Frage!)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

dass dort mehr gebaut werden kann?


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Wir reden jetzt über das Baurecht. Sie haben, glaube ich, § 6 Abs. 8 BauO LSA erwähnt. Darin geht es um Abstand zu Gebäuden auf anderen Flächen und nicht um Abstände auf der Fläche selbst. Die Abstände auf der Fläche werden tatsächlich durch die Technik produziert. Wir haben darüber hinaus in unserer Regionalplanung in einigen weiteren Reihen dann auch noch größere Abstände, z. B. zu Gesundheitseinrichtungen nach außen hin. Deshalb ist für mich ein bisschen ein Problem, dass der Antrag, so wie Sie ihn gestellt haben, nach dem Motto daherkommt: Na ja, wir haben hier eine Fläche und wir stellen auf die Fläche, wo ohnehin schon Windenanlagen stehen, noch ein paar mehr Anlagen und dann ist alles gut.

Frau Frederking, ich glaube, das sollten wir der Bevölkerung überhaupt nicht suggerieren. Jeder, der einmal durch Sachsen-Anhalt gefahren ist, egal in welche Richtung geschaut hat und die großen Windparks gesehen hat, weiß auch, dass Windenergie immer auch die Akzeptanz in der Bevölkerung braucht. Das ist in Sachsen-Anhalt inzwischen nicht mehr einfach, wenn es das überhaupt je gewesen ist.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Deshalb sollten wir, finde ich, bei dem Thema wirklich sorgfältig prüfen, was wir den Menschen vor Ort zumuten können. Das ist die Aufgabe, der wir uns als Koalition auch stellen werden,

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

damit wir eben nicht so tun, als ob derjenige auf dem Land das, Schnipps, zu akzeptieren hat. Das muss ich, ganz ehrlich, auch einmal loswerden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Denn ich finde den Antrag in dem Fall ein Stückchen unredlich.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking hat eine, wirklich nur, kurze Nachfrage.

(Dr. Gunnar Schellenberger, CDU: Hee, hee!)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ist Ihnen bekannt, dass die Musterbauordnung eine Tiefe der Abstandsfläche von weniger als 1 h vorsieht?


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Ja, das ist mir bewusst. Von weniger als 1 h, können wir reden, aber nicht von 0,25 h.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Jetzt ist Herr Thomas mit seiner Frage an der Reihe.


Ulrich Thomas (CDU):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, geben Sie mir recht, dass uns an Tagen wie heute, an denen kein Wind weht, auch dreifache Windkapazitäten nicht helfen würden? Wir benötigen eine Grundlastfähigkeit. Geben Sie mir vor diesem Hintergrund recht, dass es sinnvoller für unser Land ist   sowohl politisch als auch mit unseren begrenzten finanziellen Ressourcen  , eher Speichertechnologien zu fördern als neue Windräder?

(Zustimmung bei der CDU)


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Herr Thomas, ich glaube insbesondere, dass es um den Mix aus den unterschiedlichen Maßnahmen geht. Ich würde niemals sagen, dass wir nur diese eine Energieform brauchen. Ich glaube, nur Braunkohle zu nutzen, war in Sachsen-Anhalt auch kein Erfolgsschlager. Wir brauchen einen Energiemix, der breit aufgestellt ist. Natürlich brauchen wir   darin sind wir uns, glaube ich, alle einig   weitere intensive Forschungen im Bereich der Speichertechnologie. Denn das ist natürlich immer noch der Dollpunkt, an dem es ein Stückchen hakt und der es immer noch nötig macht, andere Energieformen   auch fossile Energieformen, wenn man über Atomkraft nicht reden möchte   zu nutzen, die eben diese Grundlast entsprechend absichern.

An dem Punkt hängen wir immer noch. Deshalb muss man meiner Meinung nach beides tun. Ich gehe natürlich davon aus, dass wir als Bundeland gesetzestreu sein werden und dementsprechend eben auch die Anforderung von 2 % erfüllen werden. Wir stehen dabei im Übrigen gar nicht so schlecht da. Wenn jemand sehen möchte, wie das mit 2 % auf der Landesfläche aussieht, dann kann er kann es in der Mitte unseres Bundeslandes schon ganz gut spüren. Deshalb finde ich es, wie gesagt, richtig, dass wir uns als Regierungskoalition dazu verständigt haben, natürlich das zu tun, was uns der Bundesgesetzgeber aufträgt, aber eben immer so zu agieren, dass die Menschen vor Ort auch mitgenommen werden.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Ulrich Siegmund, AfD)