Jetzt kommen wir zur Debatte dazu. Dazu spricht in der Fünfminutendebatte die Ministerin Frau Feußner. - Wir erstellen zu dem Glas-Fauxpas hier gerade noch ein Protokoll. Okay.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Das ist jetzt frisch?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Das ist frisch, Frau Feußner.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Könnt ihr mal sehen.

(Lachen)

- Es gibt eben gewisse Unterschiede.


Vizepräsident Wulf Gallert:

So, okay. Jetzt geht es weiter. - Frau Feußner, Sie haben das Wort.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ausgangsbewertung des Antrags der AfD-Fraktion, den Bildungsverfall im Land Sachsen-Anhalt zu stoppen, betrachte ich eher als populistisch intendiert, aber dennoch sind einige Punkte im Papier enthalten, die Anlass geben, über bestimmte Veränderungen in der Versetzungsverordnung vom 17. Dezember 2009 und der gültigen Oberstufenverordnung ideologiefrei zu debattieren und einige Veränderungen herbeizuführen.

(Oliver Kirchner, AfD: Immerhin!)

Einige der im Antrag der AfD-Fraktion vorgelegten Änderungen sind allerdings so nicht beschlussfähig. Denn wenn für § 3 Abs. 2 der Übergangsverordnung für den Besuch des Gymnasiums ein Notendurchschnitt von 1,7 in den versetzungsrelevanten Fächern vorgegeben und gleich darauf formuliert wird, dass mindestens ein Notendurchschnitt von 2,7 erreicht werden muss, dann bleibt die Frage, welche Fächer neben den versetzungsrelevanten Fächern eigentlich gemeint sind. Die gibt es nicht. Meinen Sie irgendwelche AG-Stunden oder irgendetwas anderes? Also, das erschließt sich alles zumindest inhaltlich nicht.

Eine Modifizierung unserer Versetzungsverordnung sollte nicht grundsätzlich abgelehnt werden, allerdings nicht in der bewussten Weise, wie es dem Antrag der AfD-Fraktion zu entnehmen ist.

Schülerinnen und Schüler, so heißt es darin, seien nur dann zu versetzen, wenn in allen Fächern mindestens die Note „ausreichend“, also eine 4, erreicht wird. Ich frage Sie jetzt, wenn ein Schüler bspw. im Fach Sport oder im Fach Musik die Note 5 erhält, ohne dass ich die Fächer als nicht wichtig oder nebenrangig ansehen würde   das ist nicht der Fall; im Gegenteil  , dann hat das meistens doch mit einer fehlenden Begabung oder vielleicht mit nicht vorhandenem Talent zu tun.

Er kann ja ansonsten vielleicht gute und sehr gute Leistungen nachweisen. Es wäre, glaube ich, fatal, wenn man von einer solchen Annahme ausgehen würde. Allerdings sollten in den Grundfächern grundsätzlich ausreichende Bewertungen erzielt werden, um erfolgversprechend in das höhere Schuljahr versetzt werden zu können.

In Sachsen-Anhalt ist es eben möglich, mit jeweils einer mangelhaften Note   das ist die Note 5   in einem Kernfach und in einem anderen Fach durch Ausgleich mit jeweils einer befriedigenden Note in einem anderen Kernfach und in einem anderen Fach in die nächste Klassenstufe versetzt zu werden. Auch durch diese Regelung fühlen sich manche Eltern dazu ermuntert, ihr Kind den gymnasialen Bildungsweg einschlagen und fortsetzen zu lassen, auch wenn es in nicht seltenen Fällen meist von Klasse 7 an zwei mangelhafte Leistungen immer in die nächsten Schuljahre mitnimmt, ohne dass in den betreffenden Fächern die inhaltlichen Mindestanforderungen erfüllt sind.

Das konnten wir auch in den Medien lesen. Allerspätestens im 11. Schuljahr, zumeist aber schon in der Einführungsphase der Klassenstufe 10 oder schon vorher kommt dann das böse Erwachen, weil im Laufe der Jahre so viele Defizite entstanden sind, dass der erweiterte Realschulabschluss in Klasse 10 des Gymnasiums kaum mehr erreicht werden kann und dass ein Abitur unter solchen Voraussetzungen erst recht oder überhaupt nicht mehr möglich ist.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Genau!)

Es sollte gerade im Interesse der Schülerinnen und Schüler ernsthaft darüber diskutiert werden, eine Versetzung in allen Schulformen grundsätzlich mit nur einer ausgleichbaren mangelhaften Leistung außer in den Kernfächern vorzunehmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Dem Argument, dass mit solchen Regelungen unseren Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu anderen Bundesländern Nachteile für die Zulassung zum Studium oder für das erfolgreiche Absolvieren einer Berufsausbildung entstehen, kann mit Blick auf andere Länder, die in den internationalen Bildungsvergleichen zumeist sogar erfolgreicher abschneiden als wir, widersprochen werden.

So werden bspw. in Bayern, Sachsen oder Thüringen Schülerinnen und Schüler mit zwei mangelhaften Leistungen grundsätzlich nicht versetzt. Zudem haben sie dort eine verbindliche Schullaufbahnempfehlung in Klasse 4 bzw. 6 vorausgesetzt, um über die jeweilige weiterführende Schulform der Kinder zu entscheiden. Nur mit mindestens guten Leistungen in den Kernfächern Deutsch und Mathematik können die Schülerinnen und Schüler dort das Gymnasium besuchen.

In Sachsen-Anhalt entscheidet allein der Elternwille. Das ist auch politisch bei uns so festgelegt. Das wollen wir auch gemeinsam in der Koalition nicht verändern. Es gibt aber darüber hinaus lediglich eine unverbindliche Schullaufbahnempfehlung. Das führt vielleicht manchmal in letzter Konsequenz zu den recht hohen Schulabbrecherquoten an den Gymnasien.

Natürlich   das möchte ich ausdrücklich betonen   liegt es im Interesse aller eine Schule Beteiligten, dass Schülerinnen und Schüler in allen Bildungsgängen erfolgreich einen für sie erreichbaren Schulabschluss ablegen. Ein Wechsel zwischen den Schulformen ist immer je nach Leistungsentwicklung möglich. Das will ich betonen. Dadurch wird allen Kindern und Jugendlichen die Chance auf einen für sie erreichbaren Schulabschluss gegeben.

Ich werde mich intensiv mit allen hier aufgegriffenen Problemlagen in einem offenen Diskurs auseinandersetzen. Das habe ich angekündigt. Ich habe im Bildungsausschuss, Herr Tillschneider, nicht gesagt, dass ich mich dazu nicht äußere. Ich habe gesagt, ich äußere mich nicht zu einer von den Medien erstellten Statistik. Sie hatten ja den Artikel angesprochen. Ich habe mich dann in einem Kommentar auch den Medien gestellt, aber ich bin nicht auf die Statistik der Medien selbst eingegangen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Genau!)

Ich will an dieser Stelle sagen: Es gilt, gemeinsam mit den Partnern aus der Politik   das sind insbesondere auch die Koalitionsfraktionen  , mit der Schule, mit den Eltern und auch mit den Wirtschaftsvertretern einen Weg zu beschreiten, der unserer jungen Generation den bestmöglichen Bildungsgang ermöglicht, ohne dabei die Qualitätsansprüche des jeweiligen Abschlusses zu senken. Wir brauchen dringend Akademiker, vor allem Lehrer, Ärzte, Ingenieure, aber ich betone an dieser Stelle, wir brauchen auch dringend gute Handwerker und weitere nicht akademische Berufe,

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

die unsere Wirtschaft genauso am Laufen halten wie die zuerst genannten Berufsgruppen. - Vielen Dank.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Ministerin, Herr Tillschneider hat eine Frage. - Dann legen Sie einmal los, Herr Tillschneider.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Also, es ging im Ausschuss, wenn ich mich richtig erinnere, um keine Statistik, sondern es ging explizit um die Äußerungen des Ministerpräsidenten Haseloff, die ich zitiert habe. Dazu wollten Sie nichts sagen. Deshalb, gönnen Sie mir den Spaß. Ich frage Sie noch einmal. Sie haben uns vorgeworfen, unser Anliegen sei eher populistisch. Ist denn die Äußerung des Ministerpräsidenten, die ich zitiert habe, auch eher populistisch oder ist das kein Populismus?

(Zuruf - Daniel Rausch, AfD: Na ja, dann ist es aber auch ein Problem! Dann hat er das Problem erkannt!)


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Also, das sind Zitate des Ministerpräsidenten. Ich werde die Zitate des Ministerpräsidenten, was er persönlich gesagt hat, hier nicht kommentieren. Ich würde Sie darum bitten, fragen Sie den Ministerpräsidenten, wenn er hier wieder anwesend ist, wie er dazu steht.

(Tobias Rausch, AfD: Das machen wir!)

Ich finde die Aussagen des Ministerpräsidenten nicht populistisch. Mehr sage ich dazu nicht.

(Zustimmung bei der CDU)