Tagesordnungspunkt 5

Erste Beratung

a)    Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes

Gesetzentwurf Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/1244


b)    Entwurf eines Landesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2022 (LBVAnpG 2022)

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/1263


Den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE wird Herr Lippmann einbringen. - Herr Lippmann, bitte.


Thomas Lippmann (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der bundesweite Wettbewerb um die zu wenigen ausgebildeten Lehrkräfte verschärft sich mit jedem neuen Schuljahr. Wie erfolgreich die Länder in den nächsten Jahren bei der Personalgewinnung sein werden, hängt nicht zuletzt davon ab, welche Bezahlung angeboten wird. Wenn sich junge Leute entscheiden sollen, in Sachsen-Anhalt zu bleiben oder sogar nach Sachsen-Anhalt zu kommen, dann ist die Bezahlung nicht das einzige Kriterium, aber es wäre auch völlig naiv zu glauben, dass Geld bei der Entscheidung keine Rolle spielen würde.

Wenn über den ausufernden Lehrkräftemangel diskutiert wird, dann wird oft orakelt, dass der Beruf ganz allgemein zu unattraktiv sei und sich deshalb zu wenige Jugendliche dafür interessierten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aber Unsinn und lediglich eine Vermutung aus dem Bauch heraus ohne belastbare Fakten. Das Interesse von Abiturienten an einem Lehramtsstudium ist ungebrochen, und im Großen und Ganzen sind wir hier im Land auch konkurrenzfähig, was die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen für angehende Lehrkräfte betrifft.

Allerdings haben wir inzwischen einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil verloren. Den hatten wir uns noch bis vor ein paar Jahren durch das Festhalten an der Verbeamtung der Lehrkräfte gesichert. Es war allerdings eine kostspielige Fehlentscheidung, die Verbeamtung der Lehrkräfte nach dem Ende der beschäftigungssichernden Tarifverträge ab 2013 einfach weiterlaufen zu lassen, statt massiv in die universitäre Ausbildung zu investieren.

Die fehlende Ausbildung und der Wettbewerbsdruck, den wir mit der Verbeamtung erzeugt haben, haben nach und nach alle anderen östlichen Bundesländer gezwungen, ihre Strategie zu ändern und ihre Lehrkräfte ebenfalls zu verbeamten. Am Ende konnten sich sogar die Sachsen nicht mehr anders gegen unsere Abwerbeinitiativen wehren. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass nach dem Westen jetzt auch der gesamte Osten zur teuren Verbeamtung der Lehrkräfte übergegangen ist. Das ist ein wahrer Pyrrhussieg für den Finanzminister.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lange hatte Sachsen-Anhalt bei der Bezahlung seiner Lehrkräfte gegenüber den anderen östlichen Bundesländern die Nase vorn. Der langjährige Prozess der Gleichstellung der DDR-Lehrkräfte mit den westdeutschen Lehrkräften wurde zuerst in Sachsen-Anhalt vollendet. Wir waren sogar bundesweit der Vorreiter bei der A 13 für das Lehramt an Sekundarschulen. Am Ende gab es auch noch für die DDR-Ein-Fach-Lehrkräfte die A 13, was inzwischen von den anderen östlichen Bundesländern übernommen wurde.

Es könnte also alles längst in Ordnung sein mit der Bezahlung der Lehrkräfte im Land, wenn - ja, wenn das Lehramt an Grundschulen nicht auf der Strecke geblieben wäre. In den letzten Jahren sind schon mehrfach Anträge zur Beseitigung dieses Defizits in unserer Besoldungsordnung hier im Plenum gescheitert.

Die Lehrkräfte, und zwar alle Lehrkräfte, in die Besoldungsgruppe A 13 einzustufen, ist keine Privilegierung dieser Beschäftigten. Damit wird schlicht der geforderten Ausbildung und der Verwendung im Schuldienst Rechnung getragen. Im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes wird die Entgeltgruppe 13 als sogenannte Eckeingruppierung für Beschäftigte beschrieben, die über einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss verfügen und entsprechend eingesetzt werden. Das trifft auf alle Lehramtslaufbahnen zu, auch für das Lehramt an Grundschulen.

Inzwischen wird aber nur noch den Lehrkräften in den Grundschulen die Eingruppierung in die A 13 vor allem von der CDU verweigert. Damit wird ein längst überholtes, konservatives Prinzip gepflegt, das da heißt: kleiner Sold für kleine Beine. Das hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass sich besonders in den Grundschulen schon von jeher Frauen um die Bildung der Kleinsten Kümmern.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Insofern ist das Festhalten an der niedrigen A-12-Besoldung nicht nur eine Missachtung von Ausbildung und Leistungen der Grundschullehrkräfte. Es ist auch mindestens mittelbar eine Diskriminierung von Frauen. Damit muss Schluss sein!

(Zustimmung von Kerstin Eisenreich, DIE LINKE, und von Stefan Gebhardt, DIE LINKE - Guido Heuer, CDU: Also ehrlich, Herr Lippmann! Das ist ja unglaublich! Nee, ehrlich! Oh! Oh! Oh! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Mit dem Verbleib der Grundschullehrkräfte in der Besoldungsgruppe A 12 steht Sachsen-Anhalt inzwischen im gesamten Osten allein da. Alle Länder um uns herum haben die Besoldungsgruppe A 13 für ihre Grundschullehrkräfte bereits geregelt. Durch die Blockade der CDU sind wir vom Musterschüler bei der Lehrerbesoldung zum Sitzenbleiber geworden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das können und das dürfen wir uns nicht weiter leisten.

Wenn bei der CDU weiterhin die inhaltliche Überzeugung fehlt, dann hilft hoffentlich der ökonomische Druck des Wettbewerbs. Ohne eine gleichwertige Bezahlung gegenüber unseren Nachbarländern werden die Lücken in der Lehrkräfteversorgung gerade in unseren Grundschulen immer weiter aufreißen. Denn wir werden noch jahrelang deutlich zu wenige Lehrkräfte aus unserer eigenen Ausbildung zur Verfügung haben, um unseren Einstellungsbedarf zu decken.

Allein in den letzten acht Jahren ist der Lehrkräftebestand vor allem in den Grundschulklassen um mehr als 400 Lehrkräfte gesunken, während die Zahl der Schülerinnen im gleichen Zeitraum um 6 500 Schülerinnen gestiegen ist. Diese Schere wird mindestens bis 2030 weiter auseinandergehen. Wir können es uns also unter keinen Umständen leisten, auch nur eine neue Lehrkraft an andere Länder abzugeben, weil diese besser bezahlen als wir.

Am Ende will ich noch dem Unsinn mit der A 14 für die Lehrkräfte an den Gymnasien begegnen. Vermutlich werden wir auch heute wieder hören, dass es an den Gymnasien einen Abstand zur Bezahlung an den Grundschulen geben müsste. Ein solches Abstandsgebot, liebe Kolleginnen und Kollegen, existiert aber schlicht nicht. Die Einführung der A 13 für die Grundschulen in den anderen Bundesländern hatte dort auch keine solche A-14-Regelung für die Gymnasien im Schlepptau.

Es entspricht lediglich dem konservativen Verständnis von der Wertigkeit der Schulformen in einem hierarchisch gegliederten Schulsystem, in dem es eben ein Oben und ein Unten, ein Besser und ein Schlechter gibt, was sich auch in höherer und niedrigerer Bezahlung widerspiegeln muss.

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

Das ist aber ein „alter Zopf“ aus dem letzten Jahrhundert, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Lachen bei der AfD)

Welche Arbeit tatsächlich schwieriger und anspruchsvoller ist, hat sich bei den großen Personalbewegungen in den Jahren der Beschäftigungssicherung, etwa zwischen 2002 und 2012, sehr eindrucksvoll gezeigt. Damals wurden zuerst 2 000 Grundschullehrkräfte für etwa sechs Jahre in die Sekundarschulen versetzt - ohne Probleme. Später wurden ca. 1 000 Sekundarschullehrkräfte für mehrere Jahre an die Gymnasien abgeordnet - ohne Probleme. Als aber ca. 100 Gymnasiallehrkräfte für ein bis zwei Jahre an die Sekundarschulen abgeordnet wurden, mussten die Abordnungen zum Teil vorzeitig beendet werden, weil es nur Probleme gab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Es ist eine gut gepflegte Mär, dass die Bildungsarbeit an den Gymnasien schwerer als an den anderen Schulformen wäre. Alle praktischen Erfahrungen, nicht zuletzt die Pisa-Studien, belegen das Gegenteil. Überwinden Sie also Ihre Blockade! Bringen Sie die nötige Achtung für die Arbeit in den Grundschulen auf! Vor allem: Zeigen Sie ökonomische Vernunft! Geben Sie unseren Grundschulen eine Chance!

(Zustimmung bei der LINKEN - Zurufe)

Da die Einstufung der Schulleitungen in allen Laufbahnen in einer direkten Abhängigkeit von der Einstufung der jeweiligen Lehrkräfte geregelt ist, erfordert eine Anhebung der Einstufung der Lehrkräfte in die A 13 auch eine entsprechende Anhebung der Leitungsämter der Grundschulleitungen.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Das ist also ein gesamtes System. Deswegen ist der Gesetzentwurf entsprechend ausgerichtet.

(Guido Kosmehl, FDP: Warum eigentlich?)

Ich bitte um Überweisung unseres Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss und zur Mitberatung in den Bildungsausschuss. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)