Andreas Silbersack (FDP):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Zukunft der sachsen-anhaltischen Automobilindustrie ist eine ganz wesentliche und wichtige Frage. Es verwundert nicht, dass sich die Koalition diesem Thema widmet, weil wir unsere Aufgabe darin sehen, die Arbeitsplätze zu erhalten. 

Wir wissen alle, dass die Zulieferindustrie in den letzten Jahren eine schwere Zeit, auch in Sachsen-Anhalt, hatte. Wenn wir uns einmal das Ganze bundesdeutsch oder europaweit anschauen, dann stellen wir fest, dass wir in Sachsen-Anhalt keinen Autobauer haben. Die sitzen in Wolfsburg, München oder Ingolstadt. Deshalb müssen wir schauen: Wie können wir die Bereiche, die Zulieferer, unterstützen?

Wenn man einmal die Zahl nimmt, dass wir in diesem Bereich 28 000 Menschen in Lohn und Brot haben   das wurde schon von Herrn Hövelmann gesagt  , und wenn wir wissen, dass wir in Sachsen-Anhalt insgesamt 800 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze haben, dann erkennen wir, dass die Stärkung des Bereiches der Zulieferindustrie eine ganz wesentliche Bedeutung für uns hat. Ohne diese wird es nicht funktionieren.

Es bringt uns gar nichts, der Bewahrer der Asche zu sein. Wir wollen hierbei eher der Träger des Feuers sein. Insofern geht es nicht darum zu überlegen, wie wir die eine oder die andere Technologie bei uns behalten können. Diese Frage interessiert einen Autobauer nicht. Einen Autobauer interessiert, was er in seinen Entwicklungsgremien, in seinen Entwicklungslabors entwickelt, wo gesagt wird: Das ist für uns das Auto der Zukunft. Jetzt schauen wir uns an, welche Zulieferer in welchen Teilen Deutschlands oder weltweit diese Sachen liefern.

Insofern, meine Damen und Herren, ist es ganz wesentlich, dass wir diese Themen so begreifen, dass wir hierbei die Verbindung nach Wolfsburg, nach Ingolstadt, nach München benötigen, um diesen Bereich in Sachsen-Anhalt in die Zukunft führen zu können.

Im Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus haben wir über diese Themen schon lange und viel gesprochen.

Genau das ist unsere Aufgabe. Denn wenn mit den Unternehmerinnen und Unternehmern spricht, die in dem Bereich tätig sind, dann ist Politik für sie insofern wichtig, als sie das Bindeglied schafft, dass sie die Rahmen für die Zukunft schafft. Das ist unsere Aufgabe als Politik und das haben wir im Wirtschafts- und Tourismus-Ausschuss gemacht. 

Die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2020 einen Zukunftsfonds Automobilindustrie beschlossen, um die Transformation in der Branche zu begleiten und langfristig Arbeitsplätze zu sichern. So sollen das Bundesprogramm „Regionale Kooperation stärken“, bei dem die Digitalisierung über das vernetzte Fahren hinausgeht, unterstützt und neue Fertigungstechniken entwickelt werden. Dafür stellt der Bund über fünf Jahre hinweg 1 Milliarde € zur Verfügung, also 200 Millionen € jährlich. Von diesem Geld ist bei den Unternehmen im Land Sachsen-Anhalt noch nichts angekommen.

Wir haben, wie gesagt, bis zu 28 000 Menschen in 270 Unternehmen, die direkt oder indirekt in der Branche tätig sind. Das entspricht ungefähr 12 % im Bereich des produzierenden Gewerbes, wo es insgesamt 220 sind. Was hier fehlt, ist der Autobauer mit einer eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Wenn wir aber diesen nicht haben, wie wollen wir dann Zukunft beschreiben? Die Unternehmen bei uns stehen also vor der Herausforderung, ihre Produktion auf neue Antriebstechnologien umzustellen, ohne über eigene Forschungsabteilungen zu verfügen. Dieser strukturelle Wandel, der den Unternehmen bevorsteht, ist aus eigenen Mitteln nicht finanzierbar. Darüber hinaus haben viele Unternehmen oft schlichtweg eine zu geringe Größe. Viele der kleinen Unternehmen sind auch oft mit der Situation überfordert, wie sie die neuen Geschäftsfelder erschließen sollen. 

Durch eine gezielte Einbindung der Forschungsinfrastruktur in die bereits bestehenden Cluster wie MaReK können zukünftig sinnvolle Synergien gebildet werden, die nicht nur bestehende Unternehmen stärken, sondern auch jungen Menschen aus der Forschung die Möglichkeit geben, gezielt eigene Ideen und Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. So lässt sich die Motivation und die Kreativität von jungen Forschern und Forscherinnen bestmöglich in die Industrie einbinden, und zukünftige Fach- und Führungskräfte können so frühzeitig gewonnen werden.

Lassen Sie mich sagen: Mir geht es nicht um die nächsten ein oder zwei Jahre. Wir müssen unsere mittelständischen Unternehmen in die Lage versetzen, sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren, 30 Jahren, entwickeln zu können. Wenn wir jetzt nicht Visionen für die Zukunft entwickeln, werden wir feststellen, dass unsere Autozulieferindustrie abnimmt, und dann werden wir nicht mehr 25 000 oder 26 000 Menschen in diesem Bereich haben, sondern es werden weniger werden. Da wir - das habe ich auch gesagt - sowieso von den 800 000, die wir insgesamt haben, in vielen Bereichen sinkende Arbeitnehmerzahlen haben, ist es für uns Verpflichtung, in jedem einzelnen Industrie- und Produktionsbereich zu schauen, wie wir uns den zukünftigen Herausforderungen stellen. 

Natürlich brauchen wir dafür Technologieoffenheit. Die Technologieoffenheit benötigen wir, um denjenigen, die bei uns bestellen, entsprechende Antworten geben zu können. Wenn wir das nicht tun, werden wir scheitern. Das ist nicht unser Ansatz. Wir wollen die Automobilbranche, die Zulieferbranche zukunftsfähig machen. Das ist die Aufgabe von uns Liberalen und der Koalition insgesamt. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Silbersack, kommen Sie bitte zum Schluss.


Andreas Silbersack (FDP):

Insgesamt kann man sagen, wir haben den Fokus - das wurde schon vom Minister gesagt - nicht nur im Bereich von Intel. Vielmehr geht es in allen Bereichen, in denen wir Industriestärken haben, wo wir Produktionsstandort sind, darum, Zukunft zu beschreiben. Es geht nicht um das eine oder das andere, sondern wir sollten offen schauen, wie wir mit unseren Partnern in anderen Bereichen Deutschlands und der Welt im Sinne von Sachsen-Anhalt zusammenarbeiten können. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)