Olaf Meister (GRÜNE): 

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist schon ungewöhnlich und in einem Detail geradezu atemberaubend. Dieses wirklich phänomenale Detail finden Sie ganz am Ende des Antrages, wenn Sie bis unten scrollen. Es ist die Unterschrift der CDU-Fraktion. Ein ganzer von der CDU unterstützter Antrag zu dem Thema Mobilität, ohne dass auch nur einmal das Wort Diesel erwähnt wird. Potz Blitz!

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE) 

Im Gegenteil: Der Antrag benennt deutlich den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor. - Gebt ein Zeichen, zwinkert uns irgendwie zu, wenn sie euch zu irgendetwas zwingen, das ihr nicht wollt. Wir helfen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht)

Es kommt noch krasser. Der Antrag enthält ein klares Bekenntnis zur Dekarbonisierung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN) 

Dieser doch zweifellos in den Feuern bündnisgrüner Programmkommissionen geschmiedete Kampfbegriff 

(Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht) 

betritt unter Punkt 4 des Antrages noch etwas schüchtern die CDU-Wirtschaftspolitik. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Liebe Kollegen, was ist denn los in der Koalition? Geht es da mit rechten Dingen zu? Arbeitet ihr mit Hypnose? War es der Enkeltrick? Wir waren ratlos. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Rüdiger Erben, SPD, und Dr. Katja Pähle, SPD, lachen)

Tatsächlich ist dieser Antrag in der vorliegenden Form wichtig.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE) 

Er markiert, wenn auch recht unvermittelt, einen lange überfälligen Kurswechsel. Endlich findet die CDU die Kraft, die sich überdeutlich abzeichnenden Veränderungen im Mobilitätsbereich, zumindest hinsichtlich der Antriebstechnik, zu akzeptieren 

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE) 

und   noch wichtiger   daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. 

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Die Veränderungen werden in nächster Zeit zu gravierenden Einschnitten in die Geschäftsmodelle der bei uns im Land bestehenden Automobilzulieferer führen. Wir diskutieren darüber auch an dieser Stelle schon seit Jahren. Es gilt diesen Strukturwandel so zu begleiten, dass möglichst viel von der neuen, zukünftigen Wertschöpfung bei uns erfolgt und dass für die Menschen, deren Arbeitsplätze plötzlich infrage stehen, bei uns im Land weiterhin eine berufliche Perspektive gegeben ist. 

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE) 

Der Antrag nennt die wesentlichen Handlungsfelder: Umstellung von Produktion und Geschäftsmodellen, Förderung der Weiterbildung, Ansiedlung innovativer Unternehmen, Aufbau von Forschungs- und Entwicklungskapazitäten   bei dieser Gelegenheit sollte man natürlich die Hochschulfinanzen bedenken   und ein reflektierender Dialog mit allen Beteiligten zur weiteren Entwicklung. Der Bund geht bereits voran. Natürlich könnte man das Thema noch größer fassen; denn die Mobilitätswende ist entschieden mehr als nur die Veränderung der Antriebstechnik.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE) 

Die Mobilitätsformen ändern sich auch jenseits des Antriebs und insoweit brauchen wir Investitionen. Wir haben trotzdem der Versuchung widerstanden, das Thema mit einem Änderungsantrag genereller aufzubohren oder irgendwie noch eine seitliche Arabeske anzuflanschen. 

Für die weitere Arbeit im Bereich Elektromobilität legt der Antrag eine Basis, die zunächst hinreichend ist, dies vor allem auch, weil der Antragstext erfreulicherweise auf die übliche Floskel der Technologieoffenheit verzichtet. Damit wir uns recht verstehen: Diese Offenheit ist ein hohes Gut. Kollege Hövelmann hat das ausgeführt mit: Wir wollen einmal gucken, wie die Entwicklung weitergeht. Damit hat er völlig recht. Es gibt aber, insbesondere wenn es um den Ausbau der Infrastruktur geht, einen Punkt, an dem man die Entwicklung dann akzeptieren und zur Grundlage staatlichen Handelns machen muss. Der Antrag scheint dazu bereit zu sein, auch wenn die viel diskutierte Wasserstofftechnologie erwähnt wird.

Nach aktuellem Stand wird Wasserstoff bei der Energiewende eine ganz zentrale Rolle spielen; vermutlich jedoch weniger im Sektor der Mobilität. Auch dort scheinen Anwendungen bei großen Fahrzeugen denkbar zu sein, sodass der Antrag letztlich auch darin in Ordnung geht, wenn er in der Umsetzung mit vernünftigem Augenmaß gefasst wird.

Wer die Zulieferindustrie in Sachsen-Anhalt erhalten will, fokussiert sich auf Modalitäten abseits des CO2-ausstoßenden Verbrenners und stellt damit die wichtigen Weichen, die richtigen Weichen für den Klimaschutz. Dass dazu eine Entwicklung bei Erkenntnis und Positionierung stattgefunden hat, lässt alle Akkuanzeigen grün aufblinken.

Die Industrie selbst ist in ihrer Orientierung dazu längst weiter und benötigt klare Leitplanken - weit weg vom Verbrenner, hin zur Elektromobilität   für die weitere Entwicklung von Investitionsentscheidungen. Gut, dass wir dafür nun gemeinsam einstehen wollen. Dass wir einiges bewegen können, zeigen die erfreulichen Entwicklungen und Investitionen in der Batterieproduktion in unserem Land, gerade in letzter Zeit.

Die Beantwortung der Frage, ob diese Transformation zur Elektromobilität erduldet oder gestaltet werden soll, ist nun hoffentlich auch für die CDU positiv beantwortet worden.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Wir sind ob der neuen Einigkeit in einer der ganz zentralen wirtschaftspolitischen Fragen freudig erregt und werden dem Antrag zustimmen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE - Ulrich Thomas, CDU: Oh! - Frank Bommersbach, CDU: He!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Meister, vielen Dank. Es gibt eine Intervention von Herrn Scharfenort. - Herr Scharfenort, bitte.


Jan Scharfenort (AfD):

Herr Meister, der Äußerung zur CDU kann ich nur zustimmen. Ich wundere mich über die Position der CDU-Fraktion hier im Landtag oder darüber, was sie alles mit unterschreibt. Aber gucken Sie einmal in den Bundestag zur CDU-Fraktion. Die sind einen deutlichen Schritt weiter. Sie haben dort die Position der AfD dazu übernommen, was echte Technologieoffenheit anbelangt. 

Ich will einmal an dieser Stelle unterscheiden. Ich habe immer das Gefühl, das ist noch nicht richtig angekommen. 

(Frank Bommersbach, CDU: Das ist eine Unterstellung!)

Wir meinen nicht nur die Technologieoffenheit in der Forschung,   diese ist durchaus auch angebracht  , sondern auch die Technologieoffenheit im Fahrbetrieb. Das ist das Entscheidende. 

China macht genau das Gegenteil, um deutsches Know how abzusaugen. China beendet jetzt die Subventionen für die E Mobilität und fördert ab 2025 einseitig die E-Fuels. Warum machen sie das? Sprechen Sie einmal mit Vertretern der Konzerne. Die Ingenieure der deutschen Entwicklungsabteilungen gehen nach China und entwickeln dort die modernsten Verbrennungsmotoren mit E-Fuels. Das kann Ihnen übrigens der Vertreter aus dem Harz bestätigen.

(Zustimmung von Oliver Kirchner, AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Meister, wollen Sie antworten?


Olaf Meister (GRÜNE):

Ja. - Zur CDU. Das ist ein Lernprozess.

(Minister Sven Schulze lacht - Zuruf von Ulrich Thomas, CDU)

Wir haben das über Jahre hinweg diskutiert. Die CDU-Fraktion hat mit diesem Antrag eine veränderte Positionierung vorgenommen. Das finde ich gut. Das begrüße ich.

(Zuruf von Alexander Räuscher, CDU)

Es geht allen so, dass wir uns weiterentwickeln. - Ihr habt das in diesem Punkt gemacht. Darüber freue ich mich.

(Zuruf von Alexander Räuscher, CDU)

Zur Frage zur Technologieoffenheit. Der Chef von VW, Diess, hat sich im Herbst 2021 im Fernsehen für alle einsehbar zu der Frage geäußert,

(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD) 

in welche Richtung er es zukünftig sieht. Er kam zu dem deutlichen Schluss: Das wird Elektromobilität. Dazu kann man jetzt sagen: Der Mann hat keine Ahnung von Autos und so. 

(Jan Scharfenort, AfD: Nicht den Staatskonzern fragen!)

Wir gehen dabei in eine andere Richtung. Man sollte solche Äußerungen, die sich letztlich 

(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)

von den Marktbeteiligten ergeben, ernst nehmen.

(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)

- Sie können gerne noch weitere Fragen stellen, aber ich würde erst einmal ausführen. - Das sollte man ernst nehmen und die eigene Strukturpolitik,

(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)

die man als öffentliche Hand macht, danach ausrichten.

Ob das möglicherweise in zehn Jahren noch eine andere Richtung nimmt, kann Ihnen niemand sagen. Dahingehend hat der Kollege Hövelmann recht. Aber momentan spricht alles dafür, dass tatsächlich   d a s   die richtige Entscheidung ist.

Es ist unsinnig, zwei Varianten nebeneinander zu machen. Es wird nicht dazu kommen, dass wir überall Ladestationen bauen und gleichzeitig überall Wasserstoff anbieten.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Das wäre unglaublich teuer, wenn man das in die Fläche ausrollt. Das macht keinen Sinn.

Deswegen muss man diese Entscheidung treffen. Ich habe in der Vergangenheit hierzu einmal den Vergleich Gleichstrom, Wechselstrom gebracht, beides total schöne Stromsorten. Trotzdem musste man sich irgendwann einmal entscheiden, welche Technologie es sein soll, die wir am Ende im Haus haben. Dazu gab es eine Entscheidung; man hat nicht beides gemacht. So wird es auch in diesem Bereich sein.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)