Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Danke, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Sie sehen meinen Arm in Gips. Ich erfahre gerade am eigenen Leib, was es bedeutet, in vielen Dingen des Alltags auf Unterstützung angewiesen zu sein.

Oft übernehmen Kinder und Jugendliche wichtige Funktionen, wenn Eltern oder andere Angehörige erkrankt oder behindert sind. Oft geht es dabei um viel länger dauernde, intensivere und belastendere Aufgaben als die Unterstützung einer Person mit gebrochenem Arm. Sie übernehmen Aufgaben im Haushalt, in der Planung und Organisation des Familienalltags, bei der Begleitung zu Terminen, versorgen jüngere Geschwister und sie übernehmen auch pflegende Aufgaben.

Diese Young Carer sind sehr verantwortungsvolle junge Menschen. Ihnen gebührt unser Respekt vor ihrer Leistung und auch vor ihrem Verzicht. Denn sie tun mehr als Kinder und Jugendliche im gleichen Alter und opfern viel Zeit für die Unterstützung der Familie.

Es ist aber auch zu beobachten, dass betroffene Kinder und Jugendliche aus Scham oder aus Angst vor Stigmatisierung, wie es Frau Grimm-Benne erwähnte, nicht über ihre emotionalen und organisatorischen Belastungen in der Familie sprechen und die Problematik einer drohenden oder bereits bestehenden Überforderung nicht wahrgenommen wird. Ich denke, das ist auch unser aller gemeinsame Wahrnehmung. Das wollen wir mit unserem Alternativantrag ändern.

Diesen befürworte ich. Denn er ist sehr praxisbezogen, indem er auf bestehende Strukturen, Netzwerke und Initiativen aufbaut. Dabei umfasst er konkrete Maßnahmen, klare Aufgaben und auch Evaluierung.

Meine Damen und Herren! In den letzten Jahren sind die Leistungen der pflegenden Angehörigen insgesamt stärker in den Blick genommen worden. Es wurden Unterstützungs- und Beratungsstrukturen wie „Pflege im Quartier“ aufgebaut, um pflegende Angehörige zu begleiten und zu unterstützen.

Wir möchten den Impuls für die jüngeren Familienmitglieder aufnehmen und die bereits bestehenden Beratungs- und Unterstützungsstrukturen, z. B. bei den Jugendämtern, Ärzten, Sozialarbeitern, Schulsozialarbeiterinnen, aber auch bei den Familienberatungsstellen und in der Pflege für die Bedürfnisse auch der jüngeren und ganz jungen Familienangehörigen sensibilisieren, die in die Betreuung ihrer Familienangehörigen eingebunden sind.

Staatliche und gesamtgesellschaftliche Unterstützungsangebote für diese Gruppe müssen wir noch besser kommunizieren, damit Überforderungssituationen vermieden werden und Entlastungsangebote bekannt sind und auch angenommen werden. Ich bitte um die Zustimmung zum Alternativantrag der Koalition. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)