Nicole Anger (DIE LINKE):

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mitnichten braucht es einen Antrag von der AfD, um über ein so wichtiges Thema zu sprechen. Seit Jahren haben Jugendhilfeakteurinnen wie die Jugendsozialarbeit, wie die stationäre und ambulante Jugendhilfe diese Problematik im Blick. Sie sensibilisieren, sie unterstützen und sie vermitteln. Ihnen zuvorderst gilt unser Dank.

Mir stellt sich bei dem Antrag der AfD allerdings die Frage: Seit wann geht es der AfD denn um Kinderrechte? Das ist mir völlig neu. Schaut man in deren Wahlprogramm, kann man nachlesen, dass die AfD die Rechte der Eltern, aber nicht die Rechte der Kinder stärken will. Darin steht: Elternrechte sollen in die Landesverfassung, um die Eltern vor dem übergriffigen Staat zu schützen.

Gleichzeitig will die AfD jedoch mit ihrem Antrag in die Privatsphäre der zu Pflegenden eindringen und fordert die Landesregierung auf, unter anderem eine Beschreibung der Situation vor Ort vorzunehmen. Das findet die AfD scheinbar nicht übergriffig. Diese Doppelmoral und diese Schaufensteranträge - die Stimmen meiner Fraktion bekommt dieser Antrag nicht.

(Zustimmung bei der LINKEN - Oh! bei der AfD - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD - Weitere Zurufe)

Fundierter ist der Antrag der Bündnisgrünen. Darin wird der Vorschlag unterbreitet, eben diese Lebensrealität im kommenden Kinder- und Jugendbericht explizit zu betrachten. Das ist sinnvoll, auch wenn es in meinen Augen keine separate Studie dafür braucht. Das Vorantreiben auf der Bundesebene ist ein ebenso wichtiger und zu forcierender Schritt.

Was wir aber wirklich brauchen, ist eine Erhöhung der Sensibilität für dieses Problemfeld, vor allen Dingen auch für die an die Jugendhilfe angrenzenden Bereiche wie die Schule oder auch die Stärkung der unterstützenden Strukturen. Nachbarschaftshelfer, wie im Alternativantrag der Koalition genannt, reichen an der Stelle nicht aus.

Gleichermaßen müssen Einzelne wie Schulen, Krankenkassen, Gemeinden intensiver für diese Problemlagen sensibilisiert werden, damit sich die Betroffenen nicht verstecken, damit sie nicht alleingelassen werden. Auch das fehlt mir im Alternativantrag der Koalition.

Auch Schulsozialarbeit ist an der Stelle ein wichtiger Baustein. Das unterstreicht im Übrigen eindrücklich, wie vielfältig das Aufgabenfeld der sozialpädagogischen Fachkräfte ist und warum die Landesregierung endlich Tempo in den Verstetigungsprozess bringen muss.

Der Bund muss - wie richtigerweise im Antrag der GRÜNEN formuliert - stärker in das Thema eingebunden werden. Ganz konkret bedeutet das: Unterstützungen durch Haushaltshilfen gemäß § 38 SGB V müssen auch für Familien mit Kindern über zwölf Jahren leichter zugänglich werden. Und: Bei der Berechnung des Pflegegrades - Frau Sziborra-Seidlitz hat es gesagt - müssen auch minderjährige Kinder, die im Haushalt leben, berücksichtigt werden. Wir unterstützen den Antrag der GRÜNEN. Die Koalition sollte sich diesen zu eigen machen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns uns dieser Thematik dringend annehmen, ihr mehr Beachtung schenken, um die Lebenslagen der jungen Menschen in ihrem Sinne zu verbessern. Ich habe an der Stelle Redebedarf und möchte gern die Überweisung des Antrages der GRÜNEN und des Alternativantrages in den Ausschuss beantragen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)