Katrin Gensecke (SPD):

Vielen Dank, Herr Präsident! - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es sind jetzt hier schon sehr viele Argumente ausgetauscht worden. Aber auch ich möchte mit ein paar Missverständnissen, die hier in Bezug auf die Verordnung über die baulichen Mindestanforderungen nach dem Wohn- und Teilhabegesetz entstanden sind, aufräumen.

Lassen Sie mich zunächst darauf hinweisen, dass sich der Sozialausschuss mit der Novelle am 30. März 2022 befasst hat und die Möglichkeit hatte, eine Stellungnahme abzugeben. Aber - ich möchte es wiederholen - darauf wurde mit 11 : 0 : 1 Stimmen ausdrücklich verzichtet. Auch hat sich die inhaltliche Diskussion über die Verordnung im Sozialausschuss in Grenzen gehalten.

Dass dann wenig später die Fraktion DIE LINKE ein Entscheidungsverlangen auf den Weg bringt, ist machbar und legal. Aber das hat dann schon einige irritiert; denn bereits in der letzten Legislaturperiode erfolgte eine umfassende Überarbeitung der Novelle. Und im Jahr 2019 gab es eine breite Beteiligung, in die viele Verbände, deren Hinweise auch in der jetzigen Vorlage Berücksichtigung gefunden haben, einbezogen wurden. Die Verordnung konnte aber in der letzten Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden; denn die Koalitionsfraktionen haben sich nicht darauf verständigen können. Die Novelle muss man jetzt ganz schnell auf den Weg bringen.

Ich möchte ganz kurz noch Folgendes sagen: Zum einen ist die Verordnung jetzt mindestens schon 30 Jahre alt. Sie hat mindestens 30 Jahre auf dem Buckel. Das ist doch einfach nicht mehr zeitgemäß. Es fehlen viele Regelungen, zum Beispiel auch zum Brandschutz, die auch sehr wichtig sind. Es fehlen Regelungen zu modernen Sanitär- und Wohnanlagen, aber auch im Bereich der Kommunikation, zum Beispiel zum Telefon. Jetzt, in einer Zeit, in der wir in der digitalen Welt leben, müssen natürlich alle Bewohnerinnen und Bewohner die Möglichkeit haben, das WLAN zu nutzen.

Zum anderen haben wir gerade jetzt mit dem Corona-Sondervermögen die einmalige Chance, notwendige und wichtige Investitionen in Höhe von mehr als 150 Millionen € zu tätigen und die Refinanzierung über die Bewohnerinnen und Bewohner zu vermeiden. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig.

Das Vorhaben muss nun im Laufe dieses Jahr beginnen. Daher müssen wir auf das Tempo drücken und daher drängt auch die Zeit. Wenn der Prozess jetzt angehalten wird und wir wieder ein neues Verfahren starten würden, dann wären viele Möglichkeiten dahin.

Die neue Verordnung wurde auch nur an ganz wenigen Stellen geändert. Die Ministerin hat das bereits erläutert. Aus der Verpflichtung zu Einzelzimmern ist eine Empfehlung geworden, was nicht heißt, ich darf jetzt nicht zu 100 % Einzelzimmer bauen. Das entspricht aber einer modernen Auffassung und den Regelungen des Bundesteilhabegesetzes nach individuellem Hilfebedarf, was Teilhabe und Selbstbestimmung näher an die Realität und an die Wünsche der Menschen mit hohem Hilfebedarf rückt. Denn wir haben jetzt auch die Möglichkeiten und die gesetzlichen Vorgaben, die sich aus dem Bundesteilhabegesetz ergeben, nämlich die Trennung der existenzsichernden Leistungen des Wohnens von der Fachleistung in der Eingliederungshilfe, umzusetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, dem Beschluss des Sozialausschusses, keine Stellungnahme abzugeben, zu folgen, damit die Verordnung endlich umgesetzt wird. Es ist eine Mindestbauordnung. Das definiert natürlich Mindeststandards, was, wie es angedeutet wurde, einen Zwischenschritt bedeutet. Diese Verordnung ist ja nicht für alle Ewigkeiten in Stein gemeißelt. Und das Ministerium - die Frau Ministerin hat es angesprochen - wird im zweiten Halbjahr hierzu einen Fachtag durchführen, zu dem viele Verbände und Vereine eingeladen werden.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Gensecke, Sie haben Ihre Redezeit jetzt um 30 Sekunden überschritten. Jetzt müssen Sie zum Ende kommen.


Katrin Gensecke (SPD):

Ja. - Deshalb wird meine Fraktion das Entscheidungsverlangen der Fraktion DIE LINKE ablehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)