Tim Teßmann (CDU): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Debatte der AfD-Fraktion ist für mich eine Sammlung von diversen Anliegen, die thematisiert werden. Zunächst muss ich sagen: Leere Taschen und hohe Inflation sind in der aktuellen Zeit nicht von der Hand zu weisen. Leere Regale und einen Versorgungsmangel sehe ich nur in Teilen. Dazu aber später gern mehr. 

Für mich lässt sich diese Debatte in verschiedene Themenfelder aufteilen, die alle ineinandergreifen, als da sind: Wirtschaft, Landwirtschaft, Ernährung, Soziales und politische Auswirkungen. Besonders die Unternehmen haben zu kämpfen, gerade die mittelständischen. Wer viel in seinem Wahlkreis unterwegs ist, bekommt die Wahrheit, denke ich, recht unverblümt genannt. Es ist völlig verständlich, dass diese Firmen Existenzängste haben. Die Unternehmen haben noch mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen und schlittern nun in die nächste Krise. 

Ich bin daher den Wirtschaftspolitikern unserer Fraktion sehr dankbar, besonders auch unserem Minister Schulze, dass sie den Kontakt zu den Unternehmen halten und suchen. Daher war es richtig und wichtig, dass der Minister die Bundesregierung direkt angeschrieben hat.

Die Begründung der Fraktion der AfD zu dem Antrag auf Durchführung der Aktuellen Debatte umfasst auch eine Feststellung des Instituts der deutschen Wirtschaft. Dies erläutert die Folgen der Sanktionen gegen Russland. Viele Unternehmen, mit denen ich gesprochen habe, verstehen aber diese Sanktionen.

Wir brauchen nun weitere unbürokratische Hilfen vom Bund für die Unternehmen und keine Bürokratiemonster. 

Die Landesregierung hat in ihrem Wirkungskreis bereits gehandelt. So haben die Unternehmen bei öffentlichen Bauaufträgen des Landes Sachsen-Anhalt die Möglichkeit, von der Preisgleitklausel Gebrauch zu machen. Ich finde es sehr gut, dass Ministerpräsident Haseloff, der gerade nicht anwesend ist, den Vorschlag der Handwerkskammer schnell umgesetzt hat. Dadurch haben unsere Gewerke mehr Sicherheit.

Zu Beginn der Rede stellte ich bereits infrage, dass wir in Deutschland einen Versorgungsmangel haben, zumindest im Lebensmittelbereich. Leere Regale sieht man in den Märkten. Aber ist das wirklich ein Versorgungsmangel? - Ich sage, Nein. 

Der Landwirtschaftsausschuss war in der vergangenen Woche bei der Agra in Leipzig. Unter anderem nahmen wir dort am agrarpolitischen Forum teil mit dem Titel „Krieg in der Ukraine: Konsequenzen für die Agrarmärkte und die Politik in Deutschland und der Europäischen Union“. Marktexperte Dr. Klaus-Dieter S. legte dort die Auswirkungen auf den Lebensmittelbereich dar. Ich teile die dort gemachten Aussagen, dass der Verbraucher durch Hamsterkäufer die Regale leert. Doch dadurch haben wir keinen Versorgungsmangel. Es bedarf an Aufklärung, dass Hamsterkäufe kein Mittel und erst recht nicht notwendig sind. Debatten, die diese Angst schüren, sind nicht sinnvoll.

Den Versorgungsmangel zumindest bei Lebensmitteln sehe ich, wie gesagt, nicht in Deutschland. Den wird es auch vorerst nicht geben. Die Lage auf dem Markt ist dennoch angespannt, insbesondere durch den Krieg. Die afrikanischen Länder werden dies als Erstes spüren. 

Wir als CDU haben diese angespannte Lage dennoch im Blick. Das zeigt auch unser Antrag auf Selbstbefassung zum Thema Ernährungssicherheit in Zeiten des Ukrainekrieges im Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten. 

Verheerend sind insbesondere die immens gestiegenen Kosten für Dünger und andere Produktionsmittel in diesem Bereich. Daraus resultiert dann wiederum die Preiserhöhung bei den Erzeugnissen - ein Kreislauf ohne Ende, mit dramatischen Folgen für Landwirte, Konsumenten und Unternehmen. So berichtete mir ein Inhaber einer mittelständischen Bäckerei, dass er seine Preise fast täglich anpassen müsse aufgrund der sich ständig ändernden Preise bei Rohstoffen und Energie. 

Es sind also schnelle Hilfen gefragt. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass EU-Ausnahmeregelungen nicht genutzt werden und eine 21-Tage-Frist von der Bundesregierung ausgesessen wird. Die Folge ist, dass in Deutschland nun nicht ökologische Vorrangflächen zur Bewirtschaftung mit Ackerkulturen freigegeben werden. Andere Länder wie bspw. Österreich sind einen deutlichen Schritt voraus und nutzen dies.

Des Weiteren sollten sich das Land und der Bund dafür starkmachen, die von der EU vorgesehene Stilllegung von 4 % der Ackerfläche im Jahr 2023 vorerst auszusetzen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Weiterhin könnte man die Einschränkungen in der Düngeverordnung für die roten Gebiete überdenken.

Regionalität und regionale Wertschöpfungsketten sollten weiter forciert werden. 

Gerade die sozialen Folgen von Krisen oder wirtschaftlichen Problemen sind enorm. So sprach ich gerade über die Versorgungssicherheit, die jedenfalls bei uns gegeben ist. Doch die heftigen Preisanstiege machen insbesondere den ärmeren Ländern zu schaffen.

Wir können die Probleme nicht nur national angehen und bekämpfen, sondern müssen es auch global betrachten. Noch mehr Hunger durch fehlende Nahrungsmittel aufgrund des Ukrainekrieges führt auch zu mehr Flucht aus den afrikanischen Regionen. Daraus folgt eine neue Flüchtlingswelle. 

Die Ukraine und Russland exportieren ihren Weizen in viele Entwicklungsländer Afrikas. Ein Wegfall eines Exporteurs wäre fatal.

Am Montag wurde in den „Tagesthemen“ über den Besuch der Entwicklungshilfeministerin Frau Svenja Schulze des Libanons berichtet. Der Libanon bezieht 90 % seines Weizens aus der Ukraine. Das Mehl für die Bäckereien dort wird schon rationiert. Die Bäcker berichten, dass sie teilweise seit einem Monat kein Mehl mehr kaufen können. 

Es ist aber insbesondere nötig, dass die Bevölkerung in Deutschland unterstützt wird, und dies finanziell und wirtschaftlich ohne große Bürokratie.

Viel wurde auch schon zum 9-€-Ticket gesagt in den vergangenen Debatten. Mein Kollege Uli Thomas führte dazu gestern einiges aus. Daher verzichte ich auf eine größere Ausführung dazu. Ich hoffe nur, dass die Kosten für dieses Ticket den Ländern erstattet werden. Niedersachsen behält sich bereits ein Veto vor, da sie keine kostendeckende Finanzierung sehen.

Auch die Energiepauschale, die vom Bund beschlossen wurde, ist wenig effizient. Rentnerinnen und Rentner, Studentinnen und Studenten haben grundsätzlich keinen Anspruch. Man sieht also, dass ein großes Feld zu bespielen ist und Lösungen gefunden werden müssen. Der Bund ist gefragt.

Die politischen Auswirkungen sind gravierend. Insbesondere die angesprochene Abhängigkeit vieler afrikanischer Staaten von Weizen aus Russland und der Ukraine baut noch mehr Druck auf die europäischen Staaten auf. So könnte insbesondere Russland dies als weiteres politisches Druckmittel nutzen. Wie bereits gesagt, brauchen wir eine europäische Lösung in Krisenzeiten. 

Dennoch sollten auch die Bundesländer ihre Stellung weiterhin klar beziehen und ihre Souveränität nutzen. Für Sachsen-Anhalt ist es wichtig, den Strukturwandel weiterhin zu vollziehen und die dafür vorhandenen Mittel clever zu nutzen. Sehen wir schwere Zeiten nicht nur als Krise, sondern auch als Chance. 

Eine Chance wird die Ansiedlung von Intel sein, die unser Bundesland auf eine neue Ebene heben wird. Daher gilt mein Dank nochmals Ministerpräsident Dr. Haseloff und Minister Schulze sowie dessen Ministerium für die Ansiedlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Okay. Danke. - Augenblick, Herr Teßmann, es gibt eine Frage


Tim Teßmann (CDU):

Ja.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

von Frau Richter-Airijoki.


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Ja. - Vielen Dank, für die prägnante Darstellung.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Mikro!)

Ich wollte noch einmal kurz auf den Aspekt Afrika eingehen, die schlimme Situation in Afrika durch den Wegfall der Getreidelieferungen. Sie haben zu Recht angesprochen, wie dramatisch die Situation ist. 

Ich möchte trotzdem darauf hinweisen, dass es einen Unterschied zwischen der unmittelbaren und längerfristigen Situation gibt; denn in Afrika besteht seit vielen Jahren das Problem, dass die Länder mit billigen Nahrungsmittelimporten überschwemmt werden, was ihre eigene Nahrungsmittelproduktion behindert hat, muss man sagen. 

Ich glaube, es ist auch wichtig zu sagen, dass der Fokus langfristig nicht sein kann, Afrika weiter zu beliefern, sondern dass man wirklich in die Entwicklungszusammenarbeit einsteigen muss, spezifisch zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion im eigenen Land. Es gibt außer auf Bundesebene und internationaler Ebene durchaus auch Möglichkeiten auf Länderebene, auf der Ebene der Bundesländer, solche Kooperationen zu stärken. Also, der Hinweis scheint mir doch noch wichtig zu sein. - Vielen Dank.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, für den Hinweis. - Herr Teßmann, möchten Sie dazu noch etwas sagen? - Nein. Okay. Danke.