Tagesordnungspunkt 1

Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsidenten


Alterspräsident Detlef Gürth:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag von Sachsen-Anhalt ist am 6. Juni durch die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger des Landes gewählt worden.

Mein Name ist Detlef Gürth, ich gehöre dem Landtag von Sachsen-Anhalt seit der ersten Wahlperiode an. Zunächst möchte ich die vermutlich eher rhetorisch gedachte, aber dennoch notwendige Frage an Sie richten, ob jemand im Raum ist, der ohne unser Bemerken dem Haus länger angehört als ich.

(Heiterkeit)

Das scheint offensichtlich nicht der Fall zu sein und beruhigt mich auch etwas.

Dann möchte ich als Nächstes Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, herzlich gratulieren zu Ihrer Wahl. Es ist schön, hier in diesem Plenarsaal Platz nehmen zu dürfen als Abgeordneter des Landes Sachsen-Anhalt. Von allen Einwohnern dieses Landes sind es nur wenige, auch wenn es ein größerer Landtag ist als in der vorherigen Wahlperiode, die diese Ehre haben, diese Pflichten, diese Verantwortung und diese Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen.

Ich wünsche Ihnen persönlich bei der Wahrnehmung des Mandats viel Erfolg, sodass Sie am Ende dieser Wahlperiode, die viel schneller zu Ende gehen wird, als wir das heute glauben, doch ein Stück weit zufrieden zurückschauen können. Ich wünsche Ihnen, dass jeder für sich mit Blick auf seine persönlichen Ziele, seinen Wahlkreis und sein politisches Wirken sagen kann, es war gut, dass ich gewählt wurde, ich konnte etwas erreichen, nicht nur für diejenigen, die mich gewählt haben, sondern ich habe auch das Land ein kleines Stück positiv vorangebracht. Das wünsche ich Ihnen allen; denn jeder in diesem Hause hat die gleiche Legitimation. Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg allen Abgeordneten.

Als am längsten dem Landtag angehörendes Mitglied habe ich nun die Ehre, als Alterspräsident in dieser ersten Sitzung des Landtages der achten Wahlperiode den Vorsitz zu übernehmen.

Ich will nicht nur Sie alle herzlich willkommen heißen, sondern ich freue mich auch ganz besonders, dass wir heute eine Reihe von Gästen und Ehrengästen bei uns im Plenarsaal des Landtags von Sachsen-Anhalt willkommen heißen dürfen.

Ich schaue einmal nach oben und freue mich, einen alten Freund, persönlich und des Landes, herzlich willkommen heißen zu dürfen, den Präsidenten des Landtags von Sachsen-Anhalt Herrn Dr. Matthias Rößler. Schön, dass Sie aus    

(Zuruf: Sachsen!)

- Sachsen, Pardon. Es war jetzt keine Gebietsänderung angedacht, aber ihr könnt kommen, wenn ihr wollt. Sachsen sind immer herzlich willkommen. Der Präsident des Sächsischen Landtags Herr Dr. Rößler. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich begrüße ganz herzlich die Präsidentin des brandenburgischen Landtags Frau Prof. Dr. Liedtke. Herzlich willkommen in unserem Hause!

(Beifall)

Dann darf ich die Landtagspräsidentin, nun seit wenigen Sekunden a. D., Gabriele Brakebusch herzlich willkommen heißen

(Lebhafter Beifall)

und dies mit einem herzlichen Dank, ich denke auch im Namen aller, verbinden für die Amtsführung in der vorherigen Wahlperiode.

Magdeburg ist eine Handballstadt, aber meine Freiwürfe sind nicht so gut, dass ich diesen Blumenstrauß jetzt zu Ihnen persönlich bringen kann. Liebe Gabi, vielen Dank für deine Amtsausübung und dir persönlich alles Gute. Schön, dass du heute noch einmal bei uns bist.

(Lebhafter Beifall)

Ich darf ganz herzlich den Präsidenten des Landesverfassungsgerichts Herrn Lothar Franzkowiak willkommen heißen.

(Beifall)

In der langen Liste der Ehrengäste, die ich herzlich willkommen heiße, möchte ich ganz besonders jemanden erwähnen, der uns als Haushaltsgesetzgeber sicherlich auch immer etwas unbequem, aber notwendigerweise im Nacken sitzen wird, auch in den nächsten Jahren, den Präsidenten des Landesrechnungshofes.

Ich darf willkommen heißen die Vertreter der Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die uns heute hier im Hause die Ehre zur Eröffnung dieser Wahlperiode geben.

Ich darf einen Willkommensgruß an die Vertreter aller ehemaligen Abgeordneten richten, die heute mit der Parlamentarischen Vereinigung und mit dem Herrn Landtagspräsidenten a. D. Dieter Steinecke unter uns sind. Herzlich willkommen bei uns im Haus!

(Beifall)

Ich freue mich auch, dass Vertreter der Bundeswehr, Herr Oberst Bernd Albers als Vertreter der Bundeswehr und Kommandeur des Landeskommandos, dass die Streitkräfte bei uns sind, die uns bei vielen zivilen Dingen, nicht nur beim Hochwasser, immer wieder helfend zur Seite standen, ohne Wenn und Aber. Einen herzlichen Gruß an die Kameradinnen und Kameraden bei Ihnen und vielen Dank für die sehr gute Zusammenarbeit.

(Beifall)

Natürlich darf ich herzlich willkommen heißen - ganz wichtig auch für uns in den Wahlkreisen; das ist auch mit einem täglichen Kontakt verbunden; wir tragen Verantwortung für das Wohlergehen der Gemeinden - die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages. Herzlich willkommen!

Stellvertretend für alle anderen Parlamentarier, die aus Sachsen-Anhalt kommen und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den jeweiligen Parlamenten vertreten, begrüße ich den Europaabgeordneten aus Sachsen-Anhalt Sven Schulze. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall)

Nun kommt eine ganz gefährliche Situation. Das ist die Möglichkeit, persönliche Worte zu sagen. Die mir zugestandenen 90 Minuten werde ich nicht ausnutzen. Ich möchte diese Gelegenheit nur für ganz wenige Dinge ergreifen.

Mit dem heutigen Tag wird es nun für viele ernst. In diesem Landtag ist rund die Hälfte der Abgeordneten neu. Davon sind nicht alle, aber die allermeisten das erste Mal in diesem Parlament. Man hat kandidiert, man hatte Erwartungen, aber jetzt wird es ernst. So langsam bekommt man mit, es ist schon in den ersten Tagen ganz anders gewesen, als man es sich vielleicht vorgestellt hat.

Es ist ein Einschnitt nicht nur in Ihr persönliches Leben, sondern automatisch auch in das Leben Ihrer Familie, Ihrer engsten Freunde und Wegbegleiter. Ich wünsche Ihnen, dass Sie diesen Schritt zu kandidieren, sich der Wahl zu stellen, nie bereuen und dass Sie die Chance bekommen, das umzusetzen, was Sie sich vorgenommen haben.

Sie tragen Verantwortung, wir alle tragen Verantwortung für das Land. Dabei ist es egal, ob in der Regierung oder Opposition. Zu einer der Aufgaben gehört die Kontrolle der Regierung, egal ob man Opposition oder Regierung ist. Es gilt der Grundsatz, die Opposition von heute ist vielleicht schon die Regierung von morgen und umgedreht. Ich denke, das zu beherzigen ist immer eine gute Grundlage für die Verhandlungen und für die Arbeit hier in diesem Hause.

Für die Regierung möchte ich stellvertretend für alle Regierungsmitglieder, die bis zur Wahl des neuen Ministerpräsidenten noch geschäftsführend im Amt sind, ganz herzlich in unserem Kreise Herrn Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff willkommen heißen, der heute noch als Präsident des Bundesrates einen hohen protokollarischen Termin hat.

Um dem Rechnung tragen zu können, werde ich auch nicht so lange reden. Wir wünschen auch Ihnen weiterhin ein glückliches Händchen beim Lenken der Geschicke dieses Landes in den nächsten Wochen. Ihnen und den Kolleginnen und Kollegen im Kabinett alles Gute. Schön, dass Sie heute da sind.

Die Mitglieder der Landesregierung, die ein Mandat innehaben, sehen wir in den Reihen der Abgeordneten. Die Mitglieder der Landesregierung, die kein Mandat innehaben, haben auf den Besuchertribünen Platz genommen.

Wir alle in diesem Landtag sind Verteidiger der Verfassung, des Grundgesetzes, unserer Landesverfassung und somit der Rechte und auch der Würde aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Wir können diesem Anspruch, Verteidiger der Verfasser zu sein, nur gerecht werden, wenn wir die Verfassung ernst nehmen und somit auch die Würde eines jeden Bürgers und einer jeden Bürgerin in unserem Land zu jeder Zeit verteidigen, unabhängig von Herkunft, Religion oder anderen Fragen.

Ich denke, das ist ein großer Auftrag und wir alle tragen die Verpflichtung in uns, diesen Ansprüchen unserer Verfassung gerecht zu werden; denn es ist wichtig, die Freiheit dieses Landes zu verteidigen, indem wir die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger und deren Würde wahren. Dass uns das gelingen möge, wünsche ich uns allen.

Diesem Parlament wünsche ich vor allem auch, dass es im Diskurs und im Streit ein lebendiges und ein leidenschaftliches Parlament ist, das mit Herzblut und Sachverstand für die unterschiedlichen Ideen wirbt, die die einzelnen Fraktionen und die Abgeordneten zur Lösung der anstehenden Probleme entwickelt haben. Der Streit ist nichts Schlechtes. Der Streit ist notwendig in einer Demokratie. Nur so schärfen sich dann Überzeugungen und Argumente und es ergeben sich neue Blickwinkel, um sich selbst zu überprüfen, ob man auf dem richtigen Weg ist oder andere vielleicht sogar bessere Ideen und bessere Lösungswege vorschlagen.

Dieser Streit ist per se nicht schlecht. Ich wünsche mir nur, dass dieser Streit mit dem vorhin Genannten immer im Einklang steht, nämlich die Würde des jeweils anderen nie zu vergessen, in der Sache zu streiten, aber nicht die Würde des anderen zu verletzen. Ich denke, das wird uns gelingen.

Zum Schluss muss ich noch etwas loswerden: Es gibt eine Reihe von wirklich interessanten Verfassungen in den deutschen Bundesländern. Die 16 deutschen Länder haben sich nach dem Krieg ihre Verfassungen gegeben, wir in den neuen Ländern etwas später. Aber nur in einer einzigen Landesverfassung habe ich folgende Passage gefunden, und zwar in Artikel 153 der bayerischen Landesverfassung. Ich darf zitieren:

„Die selbständigen Kleinbetriebe und Mittelstandsbetriebe in Landwirtschaft, Handwerk, Handel, Gewerbe und Industrie sind in der Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und Aufsaugung zu schützen.“

Letzteres mag den Sprachgewohnheiten unserer bayerischen Freunde im Jahr 1946 entsprochen haben. Aber an diejenigen zu denken, die dieses Land tragen und unseren Wohlstand erwirtschaften, ist in der bayerischen Landesverfassung gut gelungen. Wir bekommen das in Sachsen-Anhalt ohne diese Regelung sicher auch hin. Das wünsche ich uns auch.

Nun wünsche ich uns ein gutes Gelingen bei der Konstituierung des Landtages und in bedanke mich herzlich für Ihre Geduld.

(Beifall im ganzen Hause)

Es sind zur Konstituierung des Landtages noch einige notwendige Formalien zu erledigen. Die Geschäftsordnung des vorherigen Landtages ist nicht mehr in Kraft. Bis zur Entscheidung über die Geschäftsordnung für den Landtag der achten Wahlperiode ist unser Verfahren daher noch weitgehend ungeregelt, soweit die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt oder das Gewohnheitsrecht oder langjährige Übung nicht entsprechende Vorschriften bereithalten.

Wenn sich kein Widerspruch erhebt, werden wir für diese wenigen Fragen die entsprechenden Vorschriften der Geschäftsordnung des Landtages der siebenten Wahlperiode anwenden - dazu gab es im Vor-Ältestenrat bereits eine Verständigung -, bevor wir dann über die Übernahme der Geschäftsordnung zu entscheiden haben.

Das wären

•     § 2 - Bildung der Fraktionen;
•    § 59 - Erste Sitzung des Landtages;
•     § 70 - Beschlussfähigkeit.

Ich meine, diese wenigen Regelungen brauchen wir zunächst. Ich schaue in die Runde, ob es dazu Widerspruch gibt. - Das sehe ich nicht. Dann können wir so verfahren.

Vor der Landtagssitzung ist an mich der Wunsch herangetragen worden, als neu gewählter Landtag die Empathie für die Opfer der Coronapandemie, von Gewaltverbrechen und anderem mehr zum Ausdruck zu bringen. Ein entsprechender Antrag für die Aufnahme dieses Punktes in die Tagesordnung wurde nicht form- und fristgerecht im Vor-Ältestenrat eingebracht. Aber ich denke, wir tragen diesem Anliegen am ehesten Rechnung, wenn wir uns zum Gedenken an alle Opfer, die ungewollt vorzeitig aus dem Leben geschieden sind, entweder aufgrund der Pandemie, durch Gewaltverbrechen und vieles andere mehr, kurz von den Plätzen für ein stilles Gebet erheben. - Ich danke Ihnen.