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Plenarsitzung

Institutionen Europas Vertrauen schenken

„Wenn es nach der EU-Kommission geht, brauchen Almkühe bald Windeln“ – das ist nur eines von zahlreichen Gerüchten und Mythen, mit denen die Europäische Union und ihre Institutionen immer wieder konfrontiert werden. Beliebte Attribute sind zudem: zu bürokratisch, zu bürgerfern und zu bevormundend. Ein gutes Jahrzehnt nach der Einführung des Euros und der ersten großen Osterweiterung scheint die Euphorie der Europäer dahin. Ganz anders sehen das die Mitstreiter und Freunde der Europäischen Bewegung Sachsen-Anhalt. Im Rahmen ihres 20-jährigen Jubiläums betonten sie die Vorzüge eines vereinten Europas.

„Europa und die Europäische Union stehen für ein in der Geschichte einzigartiges Projekt von Frieden und Freiheit. Europa verdient ambitionierte Unterstützung, interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie europäisch denkende und handelnde Institutionen“, sagte Landtagspräsident Detlef Gürth, der gleichzeitig auch Präsident der Europäischen Bewegung Sachsen-Anhalt ist. Die wichtigste Aufgabe der Bewegung sieht er darin, das Vertrauen der Menschen in die europäischen Institutionen zu gewinnen und der jungen Generation die vielen Chancen und Möglichkeiten zu vermitteln, die ein vereintes Europa biete. Gürth zeigte sich besorgt über den aktuellen Zustand der EU, die derzeit nicht den Eindruck einer Wertegemeinschaft vermittle. Es sei wichtig, innerhalb der EU handlungsfähig zu bleiben, „mehr statt weniger Europa zu wagen“ und die europäischen Werte auch zu leben.

„Nichts ist dauerhaft ohne die Institution“

Richard Kühnel, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, dankte in seinem Grußwort der Europäischen Bewegung für ihr 20-jähriges Engagement und bat die Mitglieder – auch in den momentan herausfordernden Zeiten – mit diesem Engagement fortzufahren. Gerade in Zeiten, in denen Populisten immer mehr Zulauf fänden, sei es keine Selbstverständlichkeit, sich für Europa einzusetzen.

Kühnel erinnerte daran, dass Europa in seiner langen Geschichte auch aus Tiefen und Krisen immer gestärkt hervorgegangen sei. Allerdings dürfe Solidarität kein Schmuckwort sein, sondern müsse aktiv gelebt werden. Kritische Debatten innerhalb der EU müssten genauso selbstverständlich sein wie das Einhalten gemeinsam getroffener Regelungen. Kühnel beendete sein Grußwort mit einem Zitat eines der Gründungsväter der Europäischen Union, Jean Monnet: „Nichts ist möglich ohne die Menschen, nichts ist dauerhaft ohne die Institution.“

Osteuropäer sollten sich aktiver einbringen

Europa sei nicht so, wie wir es uns wünschen, erklärte Andris Gobins, Präsident der Europäischen Bewegung Lettland, und bereicherte den Festakt mit Ideen zur Zukunft Europas. Seiner Ansicht nach müsse Europa näher an die Bürger gebracht werden. Es bedürfe mehr Menschen, die mittel- und langfristig denken, so wie die Gründungsväter Europas und darüber hinaus große Politiker, die ab und zu noch mehr Europa wagten. Daneben sprach Gobins den Ostdeutschen und Osteuropäern eine besondere Rolle innerhalb eines europäischen Veränderungsprozesses zu, da sie während der politischen Wende schon einmal bewiesen hätten, dass sie Politik aktiv gestalten können. Ihre Erfahrungen mit Transitionsprozessen könnten ihnen bei den derzeitigen Herausforderungen in Europa helfen. 

In seiner zentralen Festansprache unterstrich Prof. Dr. Jörg Hacker, Präsident der Leopoldina, Nationale Akademie der Wissenschaften in Halle, welchen Beitrag die Wissenschaft zur Lösung der derzeitigen Herausforderungen auf europäischer Ebene leisten kann. Er erläuterte anhand von Beispielen, wie kluge Entscheidungen in einem schwierigen Prozess immer auch wissenschaftliche Entscheidungen seien. Analysen und Debatten, wie die Aufnahmebereitschaft gesichert werden könne, sollten weder von Ängsten noch Träumereien geleitet sein, sondern von einem rationalen – wissenschaftlichen – Blick auf das Problem.

Dieser Meinung schloss sich auch Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff an. Bei allen Überlegungen und Entscheidungen, die derzeit in Europa getroffen würden, müssten „Maß und Mitte“ gewahrt werden. Einerseits dürfte Menschen, die die Demokratie destabilisieren wollen, kein Raum gegeben werden. Anderseits müsse ausgewogen argumentiert werden, um auch Menschen mitzunehmen, die noch nicht wie die beim Festakt anwesenden in Europa angekommen seien. Haseloff warnte davor, sich innerhalb Europas selbst zu überfordern und sich schutzlos innerhalb der Welt zu bewegen. Stattdessen brauche es eine wehrhafte Demokratie, die unsere Werte hochhalte.