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Plenarsitzung

Den Hochwasserschutz weiter verbessern

Mit ihrem Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren und zur Verbesserung der Verteidigung im Hochwasserschutz will die Landesregierung die Menschen in Sachsen-Anhalt besser und schneller vor und in Hochwassersituationen schützen. Oberstes Ziel des Gesetzes soll die Verkürzung von Verfahrensdauern bei Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren sein.

Wie Umweltminister Dr. Herrmann Onko Aeikens bei der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs im September-Plenum erklärte, seien dafür unter anderem Änderungen im Wassergesetz nötig. So ist geplant, dass für DIN-gerechte Sanierungsmaßnahmen an Deichen auf der vorhandenen Trasse keine Planfeststellung und -genehmigung mehr nötig sind. Gleichzeitig sollen schon bei der Planung von Flutungspoldern Regelungen zum Ausgleich der Flächeninanspruchnahme getroffen werden.

Daneben sieht der Gesetzentwurf eine Regelung zur „vorzeitigen Besitzeinweisung“ vor. Das bedeutet, dass die Hochwasserschutzbehörde in dringenden Fällen schneller über benötigte Grundstücke verfügen kann. Ziel sei jedoch immer eine einvernehmliche Lösung mit dem Eigentümer, so der Minister. Vorgesehen ist zudem, Wasser- und Feuerwehren enger zu verzahnen und die Ableitung von Oberflächen- und Drainagewasser in die kommunale Kanalisation zu erleichtern. Neben Änderungen im Wassergesetz sind auch die Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Landesanstalt für Altlastenfreistellung, des Talsperrenbetriebsgesetzes und des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vorgesehen. 

Die Meinungen der Anzuhörenden im Einzelnen

Die Interessengemeinschaft Hochwasserschutz Altstadt (Halle/Saale) begrüßt grundsätzlich die Initiative der Landesregierung. Die Sprecherin der Initiative, Dr. Katrin Moeller, legte jedoch einige Vorschläge vor, um das Gesetz zu präzisieren. Problematisch sei beispielsweise, dass der Gesetzgeber nicht zwischen bereits einmal förmlich plangenehmigten Verfahren und allgemeinen „Hochwasserschutzanlagen“ differenziere, die durch § 94 Absatz 3a Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt (WG LSA) in den Unterhalt des Landes übergehen. Ihrer Ansicht nach sollten nur Vorhaben beschleunigt werden können, für die in der Vergangenheit ein rechtsgültiger Planfeststellungs- beziehungsweise Plangenehmigungsbeschluss ergangen sei. Sie befürchtet, ein genereller Verzicht auf ein Planfeststellungsverfahren könnte zum Abbruch der Kommunikation zwischen Bürgern, Behörden und Naturschutzverbänden führen.

Ähnlich problematisch sei ein beschleunigtes Verfahren in Bezug auf die Wiederherstellung eines Deiches oder Dammes. Dies sollte nur gelten, „insofern keine negativen Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss und den -rückhalt zu erwarten sind“. Kritisch sieht die Interessengemeinschaft auch die geplanten Änderungen zur vorzeitigen Besitzeinweisung, Enteignung und Veränderungssperre. Dadurch werde der beteiligte Besitzer jeglicher Mitgestaltungsrechte beraubt (zum Beispiel Bestellung eines Sachverständigen sowie Art und Höhe der Entschädigung). Die Interessengemeinschaft schlägt an dieser Stelle vor, stärker die Kommunikation mit dem Bürger zu suchen.

Nach den Erfahrungen des letzten großen Hochwassers 2013 begrüßte Dieter Melzer, Ortsbürgermeister der Gemeinde Bölsdorf (Einheitsgemeinde Tangermünde), insbesondere die Ergänzung im § 14 WG LSA. Viele Feuerwehrfrauen und -männer erfüllten eine wichtige Pflichtaufgabe der Gemeinde. Ihnen den Zugang zur ehrenamtlichen Arbeit in der Wasserwehr zu versperren, halte er für Unrecht. Zudem würden bei Extremhochwasser alle vorhandenen Kräfte zur Hilfe benötigt. Daher wäre es gerade für kleine Ortschaften fatal, wenn die Trennung von Wasserwehr und Feuerwehr bestehen bliebe. Allerdings sollte jede/r Feuerwehrfrau/-mann frei entscheiden können.

Der Bauernverband Sachsen-Anhalt e. V. lehnte eine Verlängerung der Geltungsdauer eines Planfeststellungsbeschlusses ab, da nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen, der Baubeginn länger als fünf Jahre warten müsste. Nach Ansicht des Bauernverbandes greife die neue Veränderungssperre in die Berufsfreiheit von Landwirten ein, ohne dass die Entschädigungsregelung im § 94c Abs. 2 WG LSA dieser Problemstellung abhelfe, erklärte Verbandsmitarbeiter Edgar Grund.

Die Pflicht zur Regelung von Ausgleichszahlungen nach § 97a Abs. 2 WG LSA wird im Allgemeinen begrüßt. Allerdings solle wegen der Dimension der regelmäßig bei Flutungen zu erwartenden Kulturschäden einschließlich der Folgeschäden ein vollständiger Ausgleich dessen als Rechtsverpflichtung ausgestaltet werden. Dazu regt der Bauernverband an, eine Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen, wonach die hydraulische Leistungsfähigkeit der Vorflut in den Poldern auf einem Niveau zu erhalten oder auszubauen ist, die eine möglichst schnelle Entwässerung der Polder sicherstellt.

Der Vorsitzende des Waldbesitzerverbands Sachsen-Anhalt, Franz Prinz zu Salm-Salm, kritisierte die geplante Änderung in § 56 WG LSA. Danach könnten Kommunen ab 2016 auf die Umlage der Flächenbeträge Verwaltungskosten erheben. Dadurch würden die Gewässerunterhaltungskosten mindestens um 15 Prozent steigen. Das Land gehe von einem Verwaltungsaufwand von drei Millionen Euro aus, das bedeute 76 Cent/Einwohner oder 0,70 Cent/ha, erläuterte Salm. Dadurch würden die städtischen Räume entlastet und die ländlichen überproportional belastet, argumentierte er weiter. „Nicht die, welche Kosten wirklich verursachen, werden belastet, sondern in Wahrheit die unversiegelte – im Sinne des Hochwasserschutzes positive Fläche – soll die Kosten tragen.“

Während in Holland jeder städtische Bürger wüsste, dass er einen ernst zu nehmenden finanziellen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten müsse, habe die Landesregierung in Sachsen-Anhalt zuerst und zumeist die Grundeigentümer von Land und Forstwirtschaft über den undifferenzierten Flächenbeitrag belastet und städtische Bürger oft kostenfrei gelassen, kritisierte Prinz zu Salm-Salm. Statt endlich den differenzierten Flächenbeitrag einzuführen, werde den Kommunen im neuen Gesetzentwurf nun auch noch die Möglichkeit geboten, einen Verwaltungsaufwand umzulegen. Dies sei für den Waldbesitzerverband nicht hinnehmbar.

Der Umweltausschuss wird sich in einer seiner nächsten Sitzungen weiter mit dem Gesetzentwurf beschäftigen. Ziel ist die Erstellung einer Beschlussempfehlung, die dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt werden soll.