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Plenarsitzung

Letzte Fahrt für die Wipperliese rückt näher

Die Stilllegung der „Wipperliese“ (Bahnverbindung Klostermansfeld–Wippra) aufgrund geringer Nachfrage und notwendiger Brückensanierungen erscheint aus Sicht der Fraktion DIE LINKE nicht nachvollziehbar. Die Landesregierung sollte daher gebeten werden, die finanziellen Mittel für den Weiterbetrieb der Wipperliese in den Jahren 2015 und 2016 auf Grundlage des bisherigen Verkehrsvertrags zur Verfügung zu stellen und durch die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA) entsprechend umzusetzen.

Darüber hinaus sollte die Landesregierung auf Antrag der Fraktion DIE LINKE gebeten werden, die finanziellen Mittel für den Weiterbetrieb des Pilotprojekts Heidebahn (Bahnverbindung Wittenberg–Bad Schmiedeberg) bis 2017 zur Verfügung zu stellen. Die Heidebahn ist nach Ansicht der Linken im Zuge des Luther-Jubiläums eine infrastrukturelle und touristische Besonderheit, die zur Unterstützung der Region Wittenberg beitrage.

Die Wipperliese im Bahnhof von Klostermansfeld. Foto: Busbahnhof/wikipedia.de

Hoffmann forderte namentliche Abstimmung

Mit der Wipperliese werde nicht nur eine Eisenbahnstrecke stillgelegt, sondern ein Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge, erklärte Frank Hoffmann (DIE LINKE). Die Landesregierung hätte hier nach dem Prinzip „hop oder top und ohne jegliches Augenmaß“ gehandelt. Hoffmann widerlegte die Argumente, das Fahrgastaufkommen sei zu niedrig und die Brückensanierungen auf der Strecke würden zu teuer. Ihm lägen Zahlen vor, wonach das Fahrgastaufkommen sogar um 50 000 Gäste gestiegen sei. Zudem würde die Wipperliese mit elf Tonnen Gewicht seit 94 Jahren über Brücken mit einer Tragkraft von 18 Tonnen fahren.

Hoffmann erinnerte daran, dass sich viele Politiker vor Ort für den Erhalt der Bahnen eingesetzt hätten, nun sei im Landtag die „Stunde der Wahrheit und Ehrlichkeit“ gekommen. Darum beantragte er eine namentliche Abstimmung über die beiden Anträge der Linken.

Webel verteidigte Ende der Bahnstrecken

Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) betonte, es sei finanzpolitisch notwendig, die Bahnen stillzulegen, auch wenn es natürlich schmerzhaft sei. „Die Eisenbahn ist ein Massenverkehrsmittel und das soll es auch bleiben“, sagte Webel. In dünnbesiedelten Gebieten würden Busse den öffentlichen Personennahverkehr übernehmen. Bei einer Verkehrsministerkonferenz in Kiel hätten einige Kollegen aus den alten Bundesländern kein Verständnis mehr dafür aufgebracht, „im Winter warme Luft und im Sommer kühle Luft zu transportieren“. Außerdem warf Webel einen Blick in die Zukunft und erklärte, dass es jetzt darum gehen müsse, nach 2016 nicht noch weitere Bahnstrecken stilllegen zu müssen.

Hövelmann: Abbestellung ist falsch

Obwohl eigentlich der Schienenverkehr immer als vorrangig beschrieben werde, sei in den letzten Jahren vor allem das Straßennetz ausgebaut worden, kritisierte Holger Hövelmann (SPD). Dabei sei Schienenpersonennahverkehr (SPNV) eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Außerdem bemängelte Hövelmann, dass er als Abgeordneter – außer bei der Entscheidung über den Haushaltsetat – keinerlei Möglichkeiten hat, inhaltlich über Details im SPNV mitzuentscheiden. Das Parlament brauche hier stärkere Einflussmöglichkeiten. Laut Hövelmann gebe es keine Bahnstrecke in Sachsen-Anhalt, die kostendeckend arbeite, insgesamt liege der Kostendeckungsgrad bei lediglich 20 Prozent.

Abschließend sagte Hövelmann, die SPD sei ganz klar für die inhaltliche Ausrichtung der Anträge der Linksfraktion. Der Koalitionspartner hätte jedoch deutlich gemacht, dass er dagegen sei, darum beantragte Hövelmann die Überweisung beider Anträge in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr.

Weihrich: Positive Effekte für Tourismus gehen verloren

Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erklärte, eine Vorentscheidung über die Zukunft der Bahnen sei eigentlich schon bei der Abstimmung über den Haushalt gefallen. Zum jetzigen Zeitpunkt noch Einfluss auf den Prozess zu nehmen, sei schwierig, da die Gelder bereits verteilt seien. Der Grünen-Abgeordnete kritisierte, die Auslastung der Bahnen als einziges Entscheidungskriterium zu nehmen, niemand blicke auf die positiven touristischen Nebeneffekte. So passe die Wipperliese wunderbar in das örtliche Tourismuskonzept und die Heidebahn sei von großer Bedeutung für die Kurgäste in Bad Schmiedeberg. Busse seien dafür kein Ersatz, so Weihrich.

Scheurell: Weiterbetrieb kostet 1,7 Millionen pro Jahr

Die Fraktion DIE LINKE versuche mit ihrem Antrag einmal mehr, das Unmögliche irgendwie möglich zu machen. Dabei würden sie allerdings keine Rücksicht auf die öffentliche Haushaltslage nehmen, sagte Frank Scheurell (CDU) und ergänzte: „,Santa Wulf und die Rettung der Wipperliese`ist nur scheinbar eine perfekte Weihnachtsgeschichte.“ Jedem wäre die Weiterfahrt der Wipperliese lieber, aber man müsse den Menschen dann auch ehrlich sagen, dass dies das Land jedes Jahr 1,7 Millionen Euro kosten würde. Der Zuschussbedarf pro Fahrt pro Person würde bei 34 Euro liegen. Dieses Geld müsste an anderer Stelle eingespart werden, so Scheurell.  Auch er empfahl eine Überweisung beider Anträge in den entsprechenden Fachausschuss, um nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen.

Gebhardt: Klares Bekenntnis zur Wipperliese nötig

Stefan Gebhardt (DIE LINKE) betonte, eine Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr helfe nicht weiter. Die Region Mansfeld-Südharz wolle heute wissen, wie es mit der Wipperliese weitergeht. Vor Ort hätte es eine parteiübergreifende Resolution auf Kreisebene zum Erhalt der Bahn gegeben. Dabei wurde gefragt, wie es sein könne, dass dieses „zarte Pflänzchen des Tourismus zerstört werden soll“. Gebhardt argumentierte weiter, dass die Region doch die Chance bekommen sollte, die Kritiker lügen zu strafen und zu beweisen, dass sie mit einem neuen Konzept unter Einbindung der Bahn in den regionalen Tourismus die Fahrgastzahlen steigern kann.

Gallert: Bahnstrecken sterben im Ausschuss

Die Anträge seien zum einen das Ergebnis umfangreicher Debatten und Diskussionen vor Ort, zum anderen seien sie aber auch gestellt worden, weil sich die Linken einem immer stärker werdenden Problem in der Koalition gegenüber sehen, sagte Linken-Fraktionsvorsitzender Wulf Gallert. Vor Ort seien die Landtagsabgeordneten für eine Sache, im Landtag könnten sie sich dann aus Koalitionsdisziplin aber nicht dazu bekennen. Dies sei nicht nur unehrlich, so Gallert, sondern es trage auch zur Politikverdrossenheit bei. Aus diesem Grund hätte seine Fraktion beantragt, im Fall der Bahnen namentlich abstimmen zu lassen, „damit die Leute vergleichen können: das habt ihr uns gesagt und so habt ihr da abgestimmt.“ Alle wüssten genau, bemerkte Gallert, dass eine Vertagung der Anträge in die Ausschüsse das Problem nicht lösen werde, sondern die Bahnstrecken in der Zwischenzeit sterben würden.

Die Anträge der Linken zum Erhalt der Wipperliese und der Heidebahn und die Änderungsanträge der Grünen wurden in die Ausschüsse für Landesentwicklung und Verkehr (federführend) und für Finanzen (mitberatend) überwiesen.

Antrag zum Erhalt der Wipperliese (PDF) 

Antrag zur Fortführung des Pilotprojekts Heidebahn (PDF)