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Plenarsitzung

Transkript

Guido Kosmehl (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, für eine ernsthafte Debatte ist es notwendig, dass wir in der Sache diskutieren und nicht versuchen, mit Verkürzungen und kurzen Ausschnitten ein Bild für die Öffentlichkeit und für Ihre Social-Media-Kanäle zu erzeugen, dass das alles überhaupt nichts mit Extremismus zu tun hat, was Verfassungsschutzbehörden in Deutschland, in den Ländern, auch in Sachsen-Anhalt, an Erkenntnissen gesammelt haben.

Herr Büttner, von Ihnen als Vorsitzender des Innenausschusses kann man erwarten, dass Sie die sicherheitsrelevanten Gesetze des Landes Sachsen-Anhalt kennen. Dazu gehört auch das Verfassungsschutzgesetz. Wenn Sie sich einmal in das Verfassungsschutzgesetz einlesen würden, dann wüssten Sie, dass die Aufgabe, die die Verfassungsschutzbehörde hat, klar umrissen ist. Ich will dazu einmal aus § 4 Abs. 1 Nr. 1 zitieren:

„Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über

1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben“

Außerdem gibt es noch weitere Aufgaben, die dort genannt werden. Jetzt können Sie natürlich einzelne Aussagen herausgreifen, aber Sie wissen auch, dass in dem Schriftsatz, den die Behörde bei Gericht vorgelegt hat, natürlich das Gesamtbild dazu geführt hat, dass eine Einschätzung erfolgt ist. Es war nicht jede einzelne Aussage, sondern das Gesamtbild.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Jetzt verstehe ich das!)

Sie können ja sagen, es sei Meinungsfreiheit, den Bundespräsidenten als Grüßaugust zu bezeichnen. Der Bundespräsident ist nun einmal ein Verfassungsorgan. Wenn man ihn durch eine solche vermeintlich harmlose Bemerkung lächerlich und unwichtig macht und auch das Amt des Bundespräsidenten schmäht, dann ist das ein kleiner Aspekt.

(Oliver Kirchner, AfD: Wie bezeichnen Sie den Bundespräsidenten, der von Rattenfängern spricht?)

- Ich bezeichne den Bundespräsidenten als „Herrn Bundespräsidenten“.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Man kann sich auch gern an der einen oder anderen Stelle inhaltlich mit ihm auseinandersetzen. Das macht er ja auch. Er macht z. B. die Bürgerdialoge. Wenn Sie aber das Amt lächerlich machen, dann fangen Sie mit Ihren Bestrebungen an, die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Landes

(Lachen bei der AfD)

und ihrer Verfassungsorgane zu delegitimieren.

(Zustimmung bei der SPD und von Anne-Marie Keding, CDU - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das macht er selbst!)

Das machen Sie auch häufiger mit Ihrem Verhalten im Landtag.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit dem Thema, das die SPD beantragt hat, und zwar mit der Entwaffnung rechtsextremer Personen. Ich will an dieser Stelle, bevor ich inhaltlich auf den Phänomenbereich Rechts eingehe, auch in dieser Debatte zu diesem Thema Folgendes sagen: Aus der Sicht der Freien Demokraten gehören Waffen nicht in die Hände von Extremisten, egal ob sie Rechtsextremisten, Linksextremisten oder aber auch Islamisten sind.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Deshalb gelten auch dafür die Regelungen, die wir im Bereich des Waffenrechts haben. Ich bin der Ministerin sehr dankbar für die Erwähnung, weil ich mich daher nicht dafür entschuldigen muss, wenn ich in einen juristischen Diskurs zu § 5 Waffengesetz eintrete - das ist nun einmal die Grundlage  , nämlich zur Frage der Zuverlässigkeit im Waffenrecht. Deshalb fand ich auch die Einlassung von Herrn Büttner - ich sage einmal - inhaltlich etwas schwach. Denn an anderer Stelle geriert sich die AfD immer als Beschützer von Sportschützen, von Jägern und von denjenigen, die zuverlässigerweise eine Waffe haben.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Aber die dringen genau auf die Einhaltung der gesetzlichen Regelung, dass eben nur diejenigen Waffen haben dürfen oder sollen, die zuverlässig sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn es zu viele Waffen in unzuverlässigen Händen sind, dann wird es doch keine Waffen mehr geben. Damit helfen wir weder Sportschützen noch Jägern, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der SPD - Zuruf von der AfD: Die Zuverlässigkeit muss doch nachgewiesen werden! - Weitere Zurufe von der AfD)

Nun komme ich zu dem Punkt der Einordnung der AfD in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextrem. Das hat das Landesverwaltungsamt zur Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit bewogen. Das ist auch richtig, weil es im Waffengesetz so vorgesehen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will an der Stelle noch einmal deutlich machen, dass es keine Agenda gibt, um gegen die AfD als solche vorzugehen.

(Lachen bei der AfD)

Es ist eine Maßnahme zum Schutz unserer Demokratie.

(Lachen bei der AfD)

Wenn man Waffen - neben den Sicherheitsbehörden - in die Hände von Privatpersonen gibt, müssen wir davon ausgehen, dass diese Privatpersonen zuverlässig sind. Deshalb werden diese auch überprüft. Manche, wie der Kollege Erben, würden sagen, wir könnten bei den Kontrollen noch deutlich mehr machen, bspw. auch unangekündigte Kontrollen. Die Auflagen, die wir in den vergangenen etwa zehn bis 15 Jahren für Waffenträger vorgesehen haben, die Verwahrung in Stahlschränken usw., sind doch genau dazu da, dass nur die, die zuverlässig sind, auch eine Waffe besitzen dürfen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Unsere Pflicht als gewählte Abgeordnete im Landtag von Sachsen-Anhalt ist es, dafür Sorge zu tragen, dass die gesetzlichen Regelungen durchgesetzt werden. Deshalb unterstützen wir Freie Demokraten ausdrücklich das Vorgehen des Landesverwaltungsamts, aber auch des Innenministeriums.

Ich will an der Stelle einen Punkt aufgreifen. Diejenigen, die mich länger kennen, wissen das: Ich habe eine differenzierte Auffassung zum Thema Verbotsverfahren für rechtsextreme Parteien. Ich habe das früher schon beim NPD-Verbotsverfahren gesagt. Damals hat man nicht auf die Freien Demokraten gehört und ist gescheitert. Ich bin auch jetzt skeptisch. Deshalb will ich auf einen Vorfall in Thüringen verweisen.

Als in Thüringen die AfD auch als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde, hat man eine Erlaubnis entzogen - wir entwaffnen ein AfD-Mitglied  , und die Gerichte haben am Ende gesagt, das geht nicht, weil ihr zu wenige Erkenntnisse hattet. Deshalb bedingt aus unserer Sicht die alleinige Zugehörigkeit zur AfD noch nicht die Unzuverlässigkeit, sondern es muss weitere Erkenntnisse geben. Ich bin mir sicher, wir finden die bei sehr vielen Mitgliedern der AfD, die gesichert rechtsextrem sind, aber eben nicht pauschal bei allen.

Deshalb lassen wir nicht zu, dass die AfD am Ende über den Gerichtsweg gewinnt und sich feiern kann, sondern wir gehen rechtsstaatlich vor und prüfen ganz genau. Wenn Unzuverlässigkeit vorliegt, dann müssen wir eine Entwaffnung durchführen, wenn Unzuverlässigkeit vorliegt, dann darf es keine waffenrechtliche Erlaubnis geben. Das ist die Position der Freien Demokraten und, so denke ich, auch die der Koalition. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir weiterhin dafür Sorge tragen, möglichst alle Extremisten, egal welcher Couleur, zu entwaffnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Jetzt gibt es Interventionen, zuerst von Herrn Scharfenort. - Bitte sehr.


Jan Scharfenort (AfD): 

Herr Kosmehl, vielen Dank für Ihren Beitrag. - Ich bin enttäuscht, auch erschüttert, welcher Ausdrucksweise Sie sich gemein machen, auch solche Aussagen, Kritik am Bundespräsidenten zu äußern. Ich weiß nicht, ob Sie das neueste Bundesverfassungsgerichtsurteil in Bezug auf Herrn Reichelt kennen. Das ist sehr interessant. Ich kann nur jedem hier im Parlament empfehlen, sich die Begründung dazu durchzulesen.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das kennen die gar nicht!)

Denn das Bundesverfassungsgericht hat sehr schöne neue Formulierungen gefunden, die die Urteile von 2011 bestätigen. Das möchte ich zitieren. Daraus wird deutlich, dass genau diese Dinge, die Sie gegen uns gesagt haben, absolut von der Meinungsfreiheit gedeckt sind.

(Tobias Rausch, AfD: Aha!)

Nancy Faeser und Haldenwang haben eine Klatsche sondergleichen bekommen. Mittlerweile wird das selbst schon in den USA wahrgenommen. Die „New York Times“ hat einen sehr kritischen Bericht darüber geschrieben, dass Sie sich damit gemein machen. Guido Westerwelle würde sich im Grabe umdrehen. Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen.

(Beifall bei und Zurufe von der AfD)

Ich will es Ihnen einmal vorlesen: Das Gut der Meinungsfreiheit ist in Deutschland so stark geschützt, „da es gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist […].“

An anderer Stelle heißt es: „Dem Staat kommt kein grundrechtlich fundierter Ehrenschutz zu.“ - Punkt. Das ist endgültig. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Wenn Sie wollen, können Sie reagieren. - Nein, das wollen Sie nicht. In Ordnung.

(Zurufe von der AfD)

Ich würde den Mitgliedern Ihrer Fraktion die Chance geben, weitere Fragen zu stellen oder Standpunkte zu äußern. Das setzt voraus, dass Sie dafür die Möglichkeit einräumen. Das scheint jetzt der Fall zu sein. Dann haben wir als Nächstes eine Intervention von Herrn Schröder. - Er verzichtet, dann eine Intervention von Herrn Tillschneider. - Bitte sehr.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Herr Kosmehl, Sie haben gesagt, dass die Demokratie gefährdet sei, wenn unzuverlässige Personen Waffen bekommen. Ich habe das nicht richtig verstanden. Also, wenn unzuverlässige Personen Waffen bekommen, sind vielleicht die Gesundheit und das Leben der Mitmenschen gefährdet, aber die Demokratie kann man nicht totschießen.

Aber ich habe genau zugehört, was Sie über die Zuverlässigkeit gesagt haben, und dann habe ich verstanden, was Sie meinen. Sie meinen mit „Zuverlässigkeit“ zuverlässige Anhänger der Altparteien. Wenn man das so deutet, macht alles Sinn, und dann ist Ihr Standpunkt gut begründet.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Wenn Sie wollen, können Sie reagieren.


Guido Kosmehl (FDP): 

Natürlich muss man darauf reagieren. Ich verstehe,

(Zurufe von der AfD)

dass Sie sich selber immer als Partei besonders ernst nehmen müssen und Ihre Bedeutung nur an einer Parteimitgliedschaft im Leben nachweisen wollen.

(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD - Weitere Zurufe von der AfD)

Die Zuverlässigkeit, die waffenrechtliche Zuverlässigkeit - -

- Herr Büttner, ein Mitglied Ihrer Fraktion hat etwas gesagt. Darauf kann ich reagieren.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja!)

Vielleicht hören Sie einfach an der Stelle zu!

(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

- Herr Büttner, ich würde sie einfach bitten, zuzuhören. Ich kann sonst auch noch lauter schreien. Das geht wirklich.

(Unruhe)

Noch einmal: Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit geht nicht davon aus, ob ein Beantragender Mitglied einer Partei ist. Es geht nicht darum, ob man Mitglied einer Partei ist, und dann ist man zuverlässig. Das ist völliger Quatsch. Deshalb ist es auch keine Frage, ob man AfD-Mitglied ist oder nicht. Die Frage ist, ob die Zuverlässigkeit noch gegeben ist, wenn man extremistische Bestrebungen verfolgt. Die Demokratie schützen wir, indem wir extremistischen Bestrebungen entgegentreten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD - Zurufe von der AfD)