Tagesordnungspunkt 31

Beratung

Bürgerinnen und Bürger über die Lithium-Gewinnung in der Altmark informieren

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/4034


Frau Frederking steht bereits am Rednerpult und kann den Antrag nunmehr einbringen. - Bitte sehr.


Dorothea Frederking (GRÜNE): 

Vielen Dank, Herr Präsident.- Sehr geehrte Abgeordnete! Lithiumgewinnung und Neptune Energy sind für die Altmärkerinnen und Altmärker eine besorgniserregende Kombination und für uns als grüne Landtagsfraktion auch - wissen wir doch, dass Neptune Energy als Erdgasförderer seinen Pflichten zur fach- und umweltgerechten Entsorgung von Bohrschlämmen, von Ablagerungen aus der Rohrreinigung, von Anlagentechnik und Produktionstechnik nur unzureichend nachkommt. 

Mehr als 1 000 Bohrschlammgruben wurden einfach mit Erde zugeschoben und eben nicht, wie es eigentlich die Aufgabe von Neptune Energy ist und die Aufgabe der Vorgängerfirmen war, zur uneingeschränkten land- und forstwirtschaftlichen Wiedernutzung saniert. 

Auch bei Havarien wird es in der Erdgasförderung nicht so genau genommen. Einige Havarien mit aus Rohrgasleitungen ausströmendem Gas mit Leckagen wurden zufällig von Bürgerinnen und Bürgern entdeckt und gemeldet. Mindestens in einem Fall wurde die entstandene Bodenkontamination als ein Trichter mit einem Durchmesser von 50 m ausgekoffert, und das sogar mit einer Tiefe von zehn Metern. Es handelt sich hierbei also um bedeutende Schäden für die Umwelt. 

Nun will Neptune Energy Deutschland mit Sitz in Hannover am Standort Salzwedel auf dem erschlossenen Erdgasfeld eine neue bergbauliche Tätigkeit aufnehmen. An dieser Stelle ist mehr als Skepsis angesagt und auf die schrillenden Alarmglocken kann jetzt nur mit einer umfassenden öffentlichen Information und Beteiligung reagiert werden. Genau das ist der Kern unseres Antrages. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Unternehmen Neptune Energy möchte Thermalwasser fördern und daraus Lithium gewinnen bzw. von einer anderen Firma extrahieren lassen und zudem die Erdwärme einer Nutzung zuführen. Auch für die Erdwärme sucht Neptune einen Kooperationspartner, der dieses Geschäft abwickeln soll.

In einer Pilotphase, die bereits im Jahr 2024 beginnen soll, und einer anschließenden Demonstrationsphase ab dem Jahr 2026 soll die grundsätzliche Machbarkeit einer großtechnischen Förderung entwickelt und gezeigt werden. Die Produktionsphase soll dann im Jahr 2028 starten. 

Und obwohl Neptune mit seinem Vorhaben ganz am Anfang steht und noch gar nicht klar ist, ob die großtechnische Förderung überhaupt funktioniert, verkündet das Unternehmen schon heute, dass die Altmark in Zukunft eine führende Rolle als Förderregion spielen werde. Das Unternehmen verspricht, dass die Altmark perspektivisch zu einer grünen Energieregion und Standort einer zukunftsweisenden Technologie werden würde. Seriös sind solche Versprechungen nicht. 

Deshalb und aufgrund der Erfahrungen mit ungelösten gefährlichen Hinterlassenschaften aus der Erdgasförderung wie der Bohrschlammgrube Brüchau fordern wir, dass die Bürgerinnen und Bürger in einer öffentlichen Versammlung über die Förderpläne inklusive der technischen Verfahren, über den Stand des Genehmigungsverfahrens und auch über die bergrechtlichen Bewilligungen umfassend informiert und darin eingebunden zu werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Energieunternehmen Neptune spricht in seiner Pressemitteilung vom 10. April davon, dass es bergrechtliche Bewilligungen für Lithium und Erdwärme vom LAGB, dem Landesamt für Geologie und Bergwesen, bekommen habe. Es stellt diese Bewilligungen als Fördergenehmigungen und Produktionsbewilligungen dar. Dieser Darstellung widerspricht das LAGB in seiner öffentlichen Stellungnahme vom 16. April sehr deutlich und stellt klar, dass keine Genehmigung für einen Abbau oder für eine Förderung von Bodenschätzen vorliegt. Demnach bedeuten laut LAGB die beiden Bewilligungen für das Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschätzen, dass Neptune Energy ein Aneignungsrecht an den bewilligten Bodenschätzen hat und für einen Abbau zugelassene Betriebspläne als Voraussetzung erforderlich sind. Das sind der Rahmenbetriebsplan und der Hauptbetriebsplan.

Dass Neptune Energy als Bergbauunternehmen das nicht wissen soll, nicht über die Verfahrensschritte des Bundesberggesetzes Bescheid weiß, das ist eher unwahrscheinlich. So zeugen die fachlich unkorrekten Darstellungen schon von einer gewissen Arroganz und Ignoranz. Neptune nimmt die Bevölkerung und ihr Informationsbedürfnis nach wie vor nicht ernst. Darum halten wir ein Einschreiten der Landesregierung mit ihrem Gewicht und auch mit ihrer Autorität für geboten. Sie soll eine öffentliche Versammlung organisieren und dazu Neptune Energy als Bergbauunternehmen und die zuständigen Behörden einladen, damit fachlich qualifiziert zum Vorhaben Lithium- und Erdwärmegewinnung informiert wird. Transparenz, Aufklärung und Beteiligung sind jetzt ganz dringend erforderlich.

Mit der Erdgasförderung, mit Kontaminationen von Boden und Grundwasser, mit Fracking, mit Bodenabsenkungen, mit der undichten Giftschlammgrube Brüchau ist der Altmark wirklich schon so viel zugemutet worden. Das Maß ist jetzt einfach voll. 

Wenn eine mögliche Lithiumgewinnung geplant werden soll, dann müsste das transparent und unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger passieren,

(Guido Kosmehl, FDP: Können wir uns darauf einigen, dass es rechtsstaatlich sauber ist?)

und zwar von Anfang an, Herr Kosmehl, und nicht erst bei der rechtlich vorgesehenen Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Zulassung des Rahmenbetriebsplans und des Hauptbetriebsplans. 

Wir möchten im Fall von Neptune sogar einen Schritt weiter gehen und fordern, solange Neptune nicht mit einer umfangreichen Beseitigung seiner ungelösten gefährlichen Hinterlassenschaften aus der Erdgasförderung beginnt, so lange sollen sie auch nicht mit einer neuen bergbaulichen Tätigkeit beginnen. Dafür gibt es weder das Zutrauen noch die Akzeptanz.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Juliane Kleemann, SPD, und von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD - Guido Kosmehl, FDP: Aber auch keine Rechtsgrundlage!)

Auf der Neptune-Homepage heißt es, dass die Gewinnung von Bodenschätzen immer nach dem gleichen Schema ablaufe mit suchen, finden, fördern und zurückbauen. Zum Zurückbauen heißt es   ich zitiere  : 

„Neptune Energy ist für den Rückbau und die vollständige Wiedernutzbarkeit der Grundstücksflächen verantwortlich. […] Betriebsplätze werden geräumt und Flächen mit Mutterboden aufgefüllt. Sie können anschließend wieder land- und forstwirtschaftlich genutzt werden.“

Dr. Andreas S., Geschäftsführer von Neptune Energy in Deutschland, sagte anlässlich des Jubiläums zum 50. Jahrestag der Erdgasförderung   ich zitiere  : 

„Auch in Zukunft möchten wir in der Altmark noch Erdgas fördern. Wir übernehmen aber auch Verantwortung für den ordnungsgemäßen Rückbau bergbaulicher Anlagen wie Leitungen oder spezielle Projekte wie im Falle der Deponie Brüchau.“ 

Doch leider müssen wir feststellen, dass der Rückbau der Giftschlammgrube Brüchau, in die von 1972 bis 2012 eingelagert wurde, noch gar nicht begonnen wurde. Die ehemalige und undichte Tongrube enthält, wie wir wissen, gefährlichen Chemikalien. Ich will daran erinnern: Quecksilber, Kadmium und Radionuklide. 

Zur Auskofferung gab es auch einen eindeutigen einstimmigen Beschluss im Jahr 2020. Das LAGB hat diese Auskofferung auch angeordnet. Aber es ist immer noch nichts passiert. Neptune hat mit der Bewilligung des Abschlussbetriebsplans zur Giftschlammgrube Brüchau vom LAGB die Auflage bekommen, bis zum 15. Mai   das ist in Kürze   die Entsorgungswege zu benennen und bis zum 30. Juni   auch in Kürze   einen Entsorgungsplan vorzulegen. Jetzt behauptet das Unternehmen, dass es für Stoffe, die mit Quecksilber und Radioaktivität belastet seien, keine Entsorgungswege geben würde und es die Terminstellungen nicht halten werde. Aber wie kann das sein? Die quecksilber- und radioaktiv belasteten Ablagerungen aus der Rohrreinigung mussten ja auch nach dem Einlagerungsstopp im Jahr 2012 entsorgt werden. Also, es muss Entsorgungswege geben. Auch hierbei kommen erneut Zweifel an der Seriosität von Neptune auf. 

Man kann das neue Vorhaben der Lithium- und Erdwärmegewinnung nicht losgelöst von der bisherigen Erdgasförderung des Bergbauunternehmens Neptune betrachten. Es ist allerhöchste Zeit, dass es eine öffentliche Informationsveranstaltung gibt, bei der alle Details zur Lithium- und Erdwärmegewinnung dargestellt und alle offenen Fragen und Bedenken auch im Zusammenhang mit der Erdgasförderung ausdiskutiert werden. 

(Zuruf von Jörg Bernstein, FDP)

Von daher, bitte stimmen Sie unseren Antrag zu. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Juliane Kleemann, SPD, und von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD - Unruhe)