Henriette Quade (Die Linke): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Nach mehr als einem Jahr liegt uns nun eine Beschlussempfehlung zu dem Antrag vor, den meine Fraktion unmittelbar nach dem Femizid von Bad Lauchstädt und nach dem Bekanntwerden massiver Versäumnisse und Fehler von Polizei und Waffenbehörde im letzten Jahr gestellt hat. 

Ich habe im Ausschuss gesagt - das wurde als Lob verstanden und war in der Tat so gemeint : Es steht nichts Falsches in der Beschlussempfehlung. Ich sage sehr klar: Dass es angesichts des Versagens von Polizei und Waffenbehörde im Vorfeld des Mordes an einer Frau durch ihren Ex-Partner in Bad Lauchstädt einen klarstellenden Erlass zum Umgang mit den Regelungen des Waffenrechts und insbesondere zu den Möglichkeiten von Waffenverboten brauchte, lag auf der Hand. Dass es diesen Erlass gibt, begrüßen wir - das begrüßen wir ausdrücklich  , und ist richtig, genauso wie die Sensibilisierungsmaßnahmen und die Etablierung von Fallkonferenzen. 

So wenig ich ein Problem damit habe, die Ministerin zu loben, wenn es Anlass dazu gibt, so schlecht finde ich, wenn der Landtag sich darauf beschränkt, Regierungshandeln zu begrüßen und sich dafür zu bedanken, und zwar im Nachhinein. Es wäre keine Schande für die Landesregierung gewesen, sich zu diesem Erlass durch den Landtag, so wie von uns beantragt, auffordern zu lassen. Es wäre ein Zeichen für ein am gemeinsam festgestellten Handlungsbedarf und am Ergebnis orientiertes starkes und schnelles Parlament gewesen. Ich meine, es sind solche Zeichen, die es angesichts der Vertrauenskrise in Demokratie und Politik dringend bräuchte. 

(Beifall bei der Linken)

Deswegen wäre es gut gewesen, statt sich im Nachgang zu Regierungshandeln zu verhalten - diesbezüglich haben wir keinen Dissens  , unseren Antrag, wenn er für die Koalition, so wie gestellt, nicht zustimmungsfähig war, zügig zu beraten und zeitnah mit einer Beschlussempfehlung zu versehen. 

Genau das ist über Monate nicht passiert. Stattdessen hielten Sie sich und insbesondere die FDP-Fraktion an dem Punkt auf, an dem wir augenscheinlich kein Übereinstimmen haben, nämlich der Notwendigkeit der Verschärfung des Waffenrechts auf Bundesebene. Wir als Linke bleiben dabei: Neben der vordringlichen Schließung von Defiziten im Bereich der Umsetzung des geltenden Waffenrechts brauchen wir Initiativen für weniger Waffen im privaten Besitz.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird sich zu der Beschlussempfehlung der Stimme enthalten. Ich will abschließend auf ein Manko dieser Beschlussempfehlung hinweisen, das sich auch durch die Redebeiträge der demokratischen Fraktionen gezogen hat. Sie bezeichnen den Mord an einer Frau durch ihren Ex-Partner als tragischen Todesfall.

(Rüdiger Erben, SPD: Nein! Ich habe gesagt: zwei tragische Todesfälle!)

Als tragisches Ereignis wird, anders als im literarischen Sinne, im allgemeinen Sprachgebrauch etwas verstanden, was schicksalhaft und damit quasi unausweichlich passiert. Das wird dem Fall in Bad Lauchstädt in doppelter Hinsicht nicht gerecht. Denn erstens wissen wir mittlerweile - das ist dargestellt worden; Herr Erben hat diesbezüglich völlig Recht, er hat es ausgeführt  , dass wir sehr wahrscheinlich davon ausgehen müssen, dass dieser Mord mit einem anderen Handeln von Waffenbehörde und Polizei zu verhindern gewesen wäre. 

Zum Zweiten braucht es auch immer den Entschluss zur Tat, in dem Fall und an jedem dritten Tag in Deutschland den Entschluss eines Mannes, eine Frau zu töten.

Die Bezeichnung als Femizid, um diese Besonderheit deutlich zu machen, wäre deswegen angemessener. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es gibt eine Intervention von Herrn Erben. - Herr Erben, Sie haben das Wort. Bitte.


Rüdiger Erben (SPD): 

Liebe Frau Kollegin Quade, ich glaube, wenn Sie meine Wortmeldung zu diesem Thema hier in diesem Hohen Hause, im Ausschuss und heute in den Medien dazu zur Kenntnis nehmen, werden Sie schnell zu dem Ergebnis kommen, dass ich nie darüber geredet habe, dass das irgendwie unausweichlich war; das ist es doch gerade nicht gewesen.

Sie werden mir bestätigen, dass ich immer darauf hingewiesen habe, dass es, wenn die Abläufe im Polizeirevier im Saalekreis funktioniert hätten und die Waffenbehörde ihre rechtlichen Möglichkeiten ausgenutzt hätte, zumindest nicht zu dem Tötungsverbrechen an der Frau gekommen wäre. Es berührt mich schon sehr, dass Sie hier einen Duktus reinbringen, dass ich das irgendwie verniedlicht hätte, oder es so darstellen, als wäre es in irgendeiner Weise unausweichlich gewesen. Das möchte ich ausdrücklich von mir weisen.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten. 


Henriette Quade (Die Linke): 

Herr Erben, während Sie zum Mikrofon gegangen sind, habe ich Ihnen ausdrücklich recht gegeben und darauf verwiesen, dass Sie gesagt haben, dass es vermeidbar gewesen wäre, und dass wir da in der inhaltlichen Analyse völlig übereinstimmen. Es ging mir darum, eine Sensibilität für sprachliche Nuancen an den Tag zu legen und einzufordern. Ich beziehe mich auf die Beschlussempfehlung.

(Zuruf von Rüdiger Erben, SPD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Das ist jetzt ein bisschen schwierig. Wir können hier keine Debatte zwischen Frau Quade und Herrn Erben zulassen. 


Henriette Quade (Die Linke):

Herr Erben, da gebe ich Ihnen recht. Aber das war nicht der Punkt, den ich meinte. Tragik im allgemeinen Sprachgebrauch - das ist es, was ich, meine ich, deutlich gemacht habe - 

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

stellt etwas Unausweichliches dar. Das ist hier gerade nicht der Fall. Deswegen finde ich, dass man, gerade wenn es die Analyse ist, dass es vermeidbar gewesen wäre, auf diesen Sprachgebrauch hätte verzichten können und sollen. Meine Fraktion wird sich deshalb, wie ich darlegte, bei der Abstimmung der Stimme enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)